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Stele und Legende - Oapen

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Formale Analyse der fiktionalen narÄs 177<br />

Zeilenende auf den verschiedenen Textzeugen zusammen. Die Zahl der Hebungen<br />

bzw. Akzente pro Vers bewegt sich in der Regel zwischen drei bis sechs,<br />

wobei der Vierheber dominiert, <strong>und</strong> entspricht damit dem Bild, das die akkadischen<br />

epischen Werke insgesamt bieten. 51 Die Struktur des poetischen Vers-<br />

175 Anm. 1; N. Wasserman, Style and Form in Old-Babylonian Literary Texts, 159–162;<br />

S. Izre’el, JANES 27 (2000), 57–68. Im Detail ist die Verteilung der Akzente im akkadischen<br />

Vers kaum mit Gewissheit zu klÉren, da zur Rekonstruktion natÄrlich allein die<br />

verschrifteten Texte zur VerfÄgung stehen, die Äber die Betonung nur in seltenen FÉllen<br />

hÑchst mittelbare Anhaltspunkte liefern (Pleneschreibungen, Verteilung der Versglieder<br />

Äber die Tafelzeile oder auf mehrere Zeilen). So geht Hecker, o.c. 102 mit guten GrÄnden<br />

davon aus, dass der nicht-skandierende Akzent im akkadischen Vers in der Regel<br />

auf lange Silben fÉllt (Langvokal, Konsonant + Langvokal oder Konsonant + Vokal +<br />

Konsonant), kurze Silben hingegen meistens unbetont blieben. Zudem stellt er mit Recht<br />

fest, dass das von Landsberger aufgestellte Diktum vom trochÉischen Versschluss vielfach<br />

nicht zutrifft. So darf man vermuten, dass in dem Vers ṭupšenna | pitēma || narâ |<br />

šitassi die Betonung in narâ auf die lange Silbe am Wortende fiel. In vielen anderen<br />

FÉllen jedoch bieten sich mehrere LÑsungen an, je nachdem, welches Betonungssystem<br />

man ansetzt <strong>und</strong> wie rigide es gehandhabt wird. So ist man beispielsweise im Vers Kuta<br />

Z. 31 ṣābē | pagrī | iṣṣūr ḫurri || amēlūta | āribū | pānūšun „Ein Heer, mit KÑrpern von<br />

HÑhlenvÑgeln, ein Volk, deren Gesichter (wie die von) Raben sind“ (vgl. unten S. 180)<br />

darÄber im Zweifel, ob in Formen von zwei langen Silben wie ṣābē <strong>und</strong> pagrī nun die<br />

erste oder zweite Silbe den Akzent getragen hatte. Da es im alten Mesopotamien keine<br />

verbindliche Poetik gab, die ein bestimmtes Versmaà vorschrieb, war bei Versen, die<br />

genug metrischen Spielraum boten, die genaue Akzentuierung wahrscheinlich nicht von<br />

vornherein festgelegt, sondern der Auslegung des Interpreten anheimgestellt. FÄr die<br />

Untersuchung des Versaufbaus, wie Hecker sie in seiner Studie vorgenommen hat <strong>und</strong><br />

ich sie hier fÄr die Kuta-<strong>Legende</strong> verfolge, ist es allerdings von untergeordneter Bedeutung,<br />

auf welcher Silbe genau innerhalb eines Versgliedes („Kolon“; der von Hecker<br />

verwendete Begriff „Stichos“ ist irrefÄhrend) der Hauptakzent gelegen hatte. Dementsprechend<br />

sind sÉmtliche hier gebotene Silbenunterstreichungen, die den Hauptakzent<br />

bezeichnen sollen, lediglich als plausible Rekonstruktionen zu sehen, die nicht wirklich<br />

verifizierbar sind <strong>und</strong> lediglich der modellhaften Veranschaulichung dienen. Weitaus<br />

bedeutsamer ist die Identifizierung der Kola selbst. Ein Kolon bildet nach K. Hecker<br />

eine „gedankliche <strong>und</strong> grammatikalische Einheit“, die von einem Hauptakzent getragen<br />

wird (vgl. Epik, 109). In der Regel sollten Partikel, PrÉpositionen, Negationen <strong>und</strong><br />

Enklitika keinen Akzent tragen; Status-Constructus-Verbindungen bildeten zumeist eine<br />

metrische Einheit mit einem Hauptakzent (vgl. Hecker, ibid. 117 unten). Mit diesen PrÉmissen<br />

ist eine weitgehende Sicherheit in der Einteilung der Kola gegeben, wenn auch<br />

hier Ñfters Abweichungen oder ZweifelsfÉlle auftreten (vgl. ibid. 118 f.), die den Eindruck<br />

„einer gewissen unbefangenen GroàzÄgigkeit gegenÄber metrisch-formalen Reglementationen“<br />

(ibid. 119) untermauern. Da es in diesem Abschnitt in Hinblick auf<br />

metrische Fragestellungen vor allem um den Nachweis eines epischen Versbaus in der<br />

Kuta-<strong>Legende</strong> an sich geht, kÑnnen hier <strong>und</strong> dort UnschÉrfen in der Rekonstruktion der<br />

Kola <strong>und</strong> VerszÉsuren (zu diesen vgl. unten Anm. 50) in Kauf genommen werden.<br />

51 Vgl. die Aufstellung bei K. Hecker, Epik, 119 sub 1.3.9.

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