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Stele und Legende - Oapen

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Šar tamḫāri 283<br />

der Einsicht, die Klassifizierung des Textes als „Roman“ als letztlich irrefÄhrend<br />

abzulehnen. Es lÇsst sich im alten Orient keine Tradition einer rein unterhaltsamen<br />

heroisch-phantastischen Literatur sicher erweisen, obschon das Šar tam-<br />

ḫāri als ein guter Kanditat fÄr FrÄhformen dieser sich spÇter ausbildenden Gattung<br />

gelten kann. Bei aller unterhaltenden <strong>und</strong> evasiven Imagination, die der<br />

Text auszulÅsen vermag, blieb seine Signifikanz als historisch wahre <strong>und</strong> glaubhafte<br />

áberlieferung hÅchstwahrscheinlich bestehen. Vor allem aber halte ich den<br />

Begriff „Roman“ im Gegensatz zu den bisher analytisch zugelassenen Begriffen<br />

„Fiktion“ <strong>und</strong> „<strong>Legende</strong>“ literarhistorisch wie literaturwissenschaftlich fÄr zu<br />

stark prÇdisponiert, als dass er sich ohne erhebliche Probleme auf das knapp erzÇhlte<br />

Šar tamḫāri Äbertragen lieâe. Ich mÅchte daher der allgemein gehaltenen<br />

Bezeichnung als „<strong>Legende</strong>“ oder, spezifischer, „Abenteuerlegende“ als inhaltlich<br />

beschreibende Bezeichnung fÄr das Šar tamḫāri den Vorzug geben.<br />

10.4. Zur Genese <strong>und</strong> Tradierung des Šar tamḫāri<br />

10.4.1. Altassyrische UrsprÄnge der Šar tamḫāri-ErzÇhlung<br />

Oft ist die Herkunft der Šar tamḫāri- <strong>Legende</strong> bzw. ihrer literarischen (verschrifteten)<br />

Vorlage aus dem Assyrien des frÄhen zweiten Jahrtausends vermutet<br />

worden, da die Nennung von Purušḫanda <strong>und</strong> der Umstand, dass in der ErzÇhlung<br />

mesopotamische Kaufleute figurieren, die bei Purušḫanda ansÇssig sind,<br />

unmittelbar an den altassyrischen Anatolienhandel denken lieâ. Es hat vermutlich<br />

auch schon im dritten Jahrtausend Handelskontakte <strong>und</strong> kriegerische Auseinandersetzungen<br />

zwischen Anatolien <strong>und</strong> Mesopotamien gegeben. 90 Mesopo-<br />

90 Vgl. dazu J. G. Westenholz, CRRA 34 (1998), 5–22. Die von ihr zusammengetragenen<br />

archÇologischen <strong>und</strong> philologischen Quellen bleiben in Hinblick auf Art <strong>und</strong><br />

Umfang dieser Kontakte Çuâerst vage. WÇhrend die geringen archÇologischen Quellen<br />

lediglich den Austausch von Waren <strong>und</strong> handwerklichen Stilen anzudeuten scheinen<br />

(Vieles ist hier noch umstritten), kÅnnen die mesopotamischen philologischen Quellen<br />

lediglich die PrÇsenz der altakkadischen KÅnige im sÄdÅstlichen Anatolien – am deutlichsten<br />

manifest in Narām-Sîns <strong>Stele</strong> von Pir HÄseyin bei Diyarabakir (vgl. Westenholz,<br />

l.c. 12 Anm. 30) –, keinesfalls aber ihr tieferes Vordringen, etwa bis nach Kaniš oder<br />

Purušḫanda, erweisen. Die von Westenholz geÇuâerte Annahme, dass die Liste der<br />

FeindlÇnder im altbabylonischen fiktionalen narÜ Äber die Groâe Revolte BM 79987<br />

(Text L) auf altakkadische Quellen zurÄckgehe – als nordwestlichste Ortschaft enthÇlt<br />

diese Liste die Stadt Kaniš – <strong>und</strong> ihr Resumïe: “On the basis of the contemporary and<br />

traditional evidence [ . . . ], we can propose that Naram-Sin exerted some political hegemony<br />

over the Anatolian city-states of Ḫaḫḫum and Kaniš to the north and Armanum<br />

and the Amanus as far as Cilicia to the west” (l.c. 18), bleibt angesichts der dÄrftigen<br />

Quellenlage jedenfalls hypothetisch.

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