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Stele und Legende - Oapen

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306 Zusammenfassung<br />

In altbabylonischer Zeit lebte das alte Thema der Groäen Revolte wieder auf.<br />

Und wie in altakkadischer Zeit die Inschriften <strong>und</strong> Åbrige kÉnigliche Propaganda<br />

vermutlich die Hauptquelle fÅr die literarische Tradition dieses Sujets gebildet<br />

hatte, so wurden auch in altbabylonischer Zeit erneut authentische Inschriften<br />

Narām-SÖns fÅr die Verarbeitung dieses Themas herangezogen. Dies konnte in<br />

der Diskussion der in zwei Exemplaren Åberlieferten Groäe Revolte-<strong>Legende</strong><br />

aus dem sÅdlichen Babylonien <strong>und</strong> Mari detailliert aufgezeigt werden.<br />

Neben der àbernahme des Sujets <strong>und</strong> einer Reihe sprachlicher Formen haben<br />

die ErzÄhlwerke Åber die Groäe Revolte, aber auch andere <strong>Legende</strong>n von Sargon<br />

<strong>und</strong> Narām-SÖn das Aufbauschema der KÉnigsinschrift Åbernommen <strong>und</strong> bezeichnen<br />

sich z. T. auch selbst als narû, „<strong>Stele</strong>“ bzw. „KÉnigsinschrift“. Dieses<br />

Merkmal hat dazu gefÅhrt, dass bei Texten, die sich als Inschriften gebÄrden,<br />

hÄufig unklar ist, ob sie als authentisch einzustufen sind. Dies betrifft vor allem<br />

tatsÄchlich oder vermeintlich nicht-authentische narûs anderer KÉnige wie<br />

Agum-kakrime, Kurigalzu oder Sanherib; bei den Sargon- <strong>und</strong> Narām-SÖn-<br />

Werken ergab sich diese Schwierigkeit hingegen praktisch nie, da schon der<br />

zeitliche Abstand zu diesen KÉnigen, der z. T. legendarische oder phantastische<br />

Inhalt der narûs <strong>und</strong> der Umstand, dass beide KÉnige auch anderweitig als<br />

charismatische Gestalten der historischen Tradition belegt sind, die Nicht-<br />

AuthentizitÄt hinlÄnglich erwies. Dennoch stellt sich bei der BeschÄftigung mit<br />

fingierten KÉnigsinschriften zwangslÄufig die Frage nach den allgemeinen theoretischen<br />

Kriterien, die diese Texte von den authentischen Inschriften scheidet;<br />

die Theorie dieser Textgruppe hat zudem zu klÄren, inwieweit die Texte auch in<br />

ihrer altorientalischen Umwelt als nicht-authentisch bzw. „literarisch“ erfahren<br />

wurden.<br />

Diesen Fragen wurden in den Kapiteln 5, 6 <strong>und</strong> 7 nachgegangen. Nach der<br />

Darstellung <strong>und</strong> kritischen Wertung der bisherigen Ansichten zur „narû-<br />

Literatur“ wurde der Versuch unternommen, aus der zeitgenÉssischen Literaturtheorie<br />

Kriterien fÅr die Beschreibung literarischer FiktionalitÄt zu gewinnen,<br />

die auch fÅr die altorientalische Literatur tragfÄhig sind. Es zeigte sich, dass bei<br />

der Beurteilung literarischer FiktionalitÄt derjenige, der urteilt, letztendlich auf<br />

die kritisch gewonnene Erkenntnis des „Als Ob“ eines fiktionalen Werkes<br />

angewiesen ist; das Erkennen der Fiktion grÅndet sich auf der „Selbstanzeige“<br />

der Fiktion, auf ihre „Fiktionssignale“, die dem Rezipienten bedeuten, dass er es<br />

mit einem „inszenierten Diskurs“ zu tun hat, <strong>und</strong> ihn ineins damit auffordern,<br />

diesen Diskurs in anderer Art <strong>und</strong> Weise aufzunehmen <strong>und</strong> zu verarbeiten als<br />

„nicht-inszenierte Diskurse“. Der inszenierte Diskurs vermag Åber „Akte des<br />

Fingierens“ andere SinnmÉglichkeiten zu erstellen, die Åber das, was der Text<br />

fingiert, hinaus sind – die literarische Fiktion Åberschreitet Sinngrenzen. Eine<br />

solche Sinngrenze ist im Falle der Kuta-<strong>Legende</strong> z. B. die Selbstreflexion des<br />

KÉnigs <strong>und</strong> die implizit darin beschlossene Kritik seines Handelns, die in einer<br />

authentischen KÉnigsinschrift nicht mÉglich wÄre. Ob die gebildeten Babylo-

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