Rasch-Das Eibenstocker Stickereigewerbe 1910 - modetheorie.de
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<strong>mo<strong>de</strong>theorie</strong>.<strong>de</strong><br />
<strong>Rasch</strong>, <strong>Das</strong> <strong>Eibenstocker</strong> <strong>Stickereigewerbe</strong> unter <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>, <strong>1910</strong>, 102 (169)<br />
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- man kannte keinen Zeichnerstand - als auch die eigentliche Produktion: die Waren<br />
wur<strong>de</strong>n aufgekauft. Der Unternehmer leitete bloß <strong>de</strong>n Absatz, er bestimmte<br />
nicht einmal <strong>de</strong>n Umfang <strong>de</strong>r Erzeugung.<br />
Im zweiten Stadium übernahm <strong>de</strong>r Unternehmer die Musterung; diese bewegte<br />
sich jedoch in rohen Formen. In täppischem Zugreifen vere<strong>de</strong>lte man ohne jedwe<strong>de</strong>s<br />
kunstgewerbliches Streben bald diese, bald jene Gattung von Waren; man<br />
suchte die mangelhafte Vertiefung technischen Könnens auszugleichen dadurch,<br />
daß man das Anwendungsgebiet <strong>de</strong>m äußeren Umfang nach erweiterte. So konnten<br />
wir beobachten, daß bis in die 1870er Jahre hinein vor allem die Buntstickereigeschäfte<br />
ganz und gar nicht verwandte Warengattungen führten. Zu En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
1880er Jahre vollzog sich eine doppelte Weiterbildung: man gestaltete einerseits<br />
die Farbenzusammenstellung aus, an<strong>de</strong>rerseits vere<strong>de</strong>lte man, gestützt durch die<br />
neuzeitlichen kunstgewerblichen Hilfsmittel, die Linienführung <strong>de</strong>r Muster - ein<br />
Vorgang, <strong>de</strong>r jetzt noch erst im Anfange seiner Entwicklung steht. Infolge<strong>de</strong>ssen<br />
wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Warengattungen weniger; sie fielen <strong>de</strong>n Zweigen <strong>de</strong>r reinen Konfektionsindustrie<br />
zu, und <strong>de</strong>r <strong>Eibenstocker</strong> Stickerei verblieb vom Standpunkte jener<br />
Gewerbe eine bloße Dekorationsarbeit, die Besatzfabrikation - zwar eine Hilfsindustrie,<br />
aber eine solche, die in sich selbständig dasteht infolge eigenen Schaffens.<br />
b) Die neuzeitliche Musterung.<br />
α) Die Vorbil<strong>de</strong>r.<br />
Die neuzeitliche Musterung ist verglichen wor<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Glücksspiele in einer<br />
Lotterie - <strong>de</strong>r Fabrikant erhalte die meisten Bestellungen, welcher <strong>de</strong>n zukünftigen<br />
Bedarf am besten erraten hätte, wie <strong>de</strong>n Treffer in einer Lotterie (1); aber auch mit<br />
<strong>de</strong>m Wetten bei einem Pfer<strong>de</strong>rennen: <strong>de</strong>r Unternehmer setze Hoffnungen auf ein<br />
nach seiner Meinung aussichtsreiches Muster, ähnlich wie <strong>de</strong>r Wetten<strong>de</strong> auf das<br />
Pferd <strong>de</strong>n Einsatz macht, welches er für das schnellfüßigste hält (2). Die Vergleiche<br />
verraten wi<strong>de</strong>rsprechen<strong>de</strong> Auffassungen: nach <strong>de</strong>r ersten läge im Mustern<br />
____________________<br />
(1) Kaeser, „Die Sei<strong>de</strong>nindustrie und die Mo<strong>de</strong>“. Frankfurter Zeitung vom 11. I. 1902.<br />
(2) Dietrich, „Die Spitzenindustrie in Belgien und Frankreich zu En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s XIX. Jahrhun<strong>de</strong>rts“.<br />
Leipzig 1900, S. 91.<br />
<strong>Rasch</strong>, <strong>Das</strong> <strong>Eibenstocker</strong> <strong>Stickereigewerbe</strong> unter <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>, <strong>1910</strong>, 102 (169)<br />
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