Rasch-Das Eibenstocker Stickereigewerbe 1910 - modetheorie.de
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<strong>Rasch</strong>, <strong>Das</strong> <strong>Eibenstocker</strong> <strong>Stickereigewerbe</strong> unter <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>, <strong>1910</strong>, 155 (169)<br />
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geben, teils weil ihnen die or<strong>de</strong>ntliche Führung <strong>de</strong>s Haushalts am Herzen liegt,<br />
teils aus sozialem Klassenbewußtsein. An<strong>de</strong>rs bei <strong>de</strong>n Arbeiterfrauen, bei <strong>de</strong>nen<br />
die Besorgung <strong>de</strong>s Haushalts wegen <strong>de</strong>r geringen Größe <strong>de</strong>r Wohnung nicht die<br />
volle Arbeitskraft in Anspruch nimmt, solange keine Kin<strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>n sind. Aber<br />
selbst wenn diese Frauen durch die Besorgung <strong>de</strong>s Haushalts vollauf beschäftigt<br />
sind, behalten sie <strong>de</strong>nnoch <strong>de</strong>n Nebenerwerb bei - in vielen Fällen aus wirtschaftlicher<br />
Not, in vielen Fällen aber auch aus einer zur Überanstrengung verleiten<strong>de</strong>n<br />
Erwerbssucht. Hierher ist auch die übertriebene häusliche Nachtarbeit <strong>de</strong>r Stickmädchen<br />
zu rechnen. Nach Feierabend bevölkern sie zunächst die Straßen <strong>de</strong>r<br />
Stadt bis gegen zehn Uhr - eine Gewohnheit, gegen die sich vom gesundheitlichen<br />
Standpunkt aus nichts sagen läßt; sittliche Schädigung ist dabei freilich nicht immer<br />
ausgeschlossen. Sodann sitzen die Mädchen bis gegen 12 Uhr und länger<br />
beim Ausschnei<strong>de</strong>n. Einen Zwang zum Mitnehmen <strong>de</strong>r Arbeit übt <strong>de</strong>r Geschäftsinhaber<br />
regelmäßig nicht aus; <strong>de</strong>nn Arbeitskräfte sind genügend vorhan<strong>de</strong>n. Diese<br />
Überstun<strong>de</strong>n sind - um einen Vergleich zu gebrauchen - eher ein Privilegium als<br />
ein Onus. Immer ist <strong>de</strong>n Stickerinnen die Erhöhung <strong>de</strong>s Verdienstes wünschenswert,<br />
sei es, um für die künftige Ehe zu sparen o<strong>de</strong>r für Zeiten <strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit,<br />
sei es um putzsüchtigen Arbeitsgenossinnen nachahmen zu können.<br />
All das sind Dinge, die sich <strong>de</strong>m Beobachter erst nach längerem Aufenthalte aufdrängen,<br />
dagegen nicht bei kurzem, oft nur tageweisem Besuche. Sie lassen das<br />
lokale Heimarbeitsbild in Eibenstock weit freundlicher erscheinen als das allgemeine.<br />
Man darf ja bei all <strong>de</strong>n Klagen, die <strong>de</strong>r Sozialpolitiker über lange Arbeitszeiten<br />
anstimmt, eines nicht vergessen: die geographischen Arbeitsbedingungen.<br />
Es wird niemand leugnen, daß <strong>de</strong>r Gebirgsbewohner, welcher bereits durch das<br />
halbgeöffnete Fenster die reinste Luft einatmen kann und auch im Sommer nur an<br />
wenigen Tagen durch hohe Wärme belästigt wird, eben weit ausdauern<strong>de</strong>r und<br />
leistungsfähiger ist als <strong>de</strong>r Einwohner <strong>de</strong>r Großstadt, welcher beständig staubige<br />
Luft atmet.<br />
Vor allem ist aus <strong>de</strong>n Erörterungen ersichtlich, daß hier eine Überführung von<br />
Heim- in Fabrikarbeit gänzlich ausgeschlossen ist; <strong>de</strong>nn meist sind die Arbeiterinnen<br />
nebenher erwerbstätige Mütter, <strong>de</strong>ren Haupttätigkeit die sich über <strong>de</strong>n ganzen<br />
Tag erstrecken<strong>de</strong> Besorgung <strong>de</strong>s Haushaltes ist. Weiterhin setzt sich<br />
<strong>Rasch</strong>, <strong>Das</strong> <strong>Eibenstocker</strong> <strong>Stickereigewerbe</strong> unter <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>, <strong>1910</strong>, 155 (169)<br />
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