Rasch-Das Eibenstocker Stickereigewerbe 1910 - modetheorie.de
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<strong>mo<strong>de</strong>theorie</strong>.<strong>de</strong><br />
<strong>Rasch</strong>, <strong>Das</strong> <strong>Eibenstocker</strong> <strong>Stickereigewerbe</strong> unter <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>, <strong>1910</strong>, 96 (169)<br />
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erinnern. Je einförmiger das Produktionsprogramm einer Industrie ist, um so eher<br />
kann eine Tiefkonjunktur zu <strong>de</strong>m radikalen Mittel <strong>de</strong>r Betriebsumwandlung zwingen.<br />
In unserer in ihrer Produktion so vielseitigen Stickereiindustrie war die ausgleichen<strong>de</strong><br />
Fabrikationserweiterung häufiger.<br />
Infolge <strong>de</strong>r oft hervorgehobenen weiten Verwendungsmöglichkeit <strong>de</strong>r Handmaschine<br />
trat sie bei einer Produktionsversetzung wie<strong>de</strong>rholt als Fabrikationsanpassung<br />
ein. Die Stickerei sucht mit ihren technischen Mitteln so zu arbeiten, daß ihr<br />
Produkt <strong>de</strong>r Spitze, <strong>de</strong>r Posamentenarbeit, <strong>de</strong>m gewebten Ornament ähnlich sieht,<br />
und jene Industrien machen es ihrerseits gera<strong>de</strong> so (Imitations- und Surrogatgewerbe)<br />
(1).<br />
Ein weiterer interessanter und komplizierter Vorgang ist <strong>de</strong>shalb möglich, weil<br />
die Stickerei ein so ausge<strong>de</strong>hntes Produktionsprogramm hat. Die Bedarfsverän<strong>de</strong>rungen<br />
überkreuzen sich. Der eine Bedarf hört auf, gleichzeitig entsteht an einer<br />
an<strong>de</strong>rn Stelle <strong>de</strong>s Arbeitsgebietes ein neuer Bedarf; die Gesamtarbeitsaufgabe<br />
bleibt ungefähr dieselbe. Dieser annähernd äquivalente Fabrikatwechsel kann nur<br />
in vielseitigen Mo<strong>de</strong>industrien auftreten; wo er sich aber ereignet, bleibt wie beim<br />
Musterungswechsel die Wirtschaftslage <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>industrie trotz aller Bedarfsverän<strong>de</strong>rungen<br />
verhältnismäßig stabil. Es zeigt sich eine Aufeinan<strong>de</strong>rfolge heterogener<br />
Warengattungen. In <strong>de</strong>r Plattstichstickerei ging dieser Weg von <strong>de</strong>n weißen<br />
Wäschebesätzen aus über Tüllbesätze für Klei<strong>de</strong>r und Hüte, über Handschuhe zu<br />
bunten Besätzen, Blusen; in <strong>de</strong>r Tamburstickerei von Antimakassars und Weißwaren<br />
über Sonnenschirme, Tücher, Schuhe, über Perlbesätze zu Klei<strong>de</strong>rn und Portièren.<br />
Es tritt also eine Reihe selbständiger Bedarfskreise in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Stikkerei.<br />
Regelmäßig entstan<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n Fabrikatwechsel die Anfänge <strong>de</strong>r später<br />
vorherrschen<strong>de</strong>n Industriezweige. Eine Beeinflussung <strong>de</strong>s Arbeitsmarktes ist<br />
durchaus nicht die regelmäßige Begleiterscheinung dieses Vorgangs; sie ist allerdings<br />
möglich infolge <strong>de</strong>s Fortfalls von vorher notwendigen Zurüstungsarbeiten;<br />
z. B. hörte das Besätzeausschnei<strong>de</strong>n während <strong>de</strong>r Klei<strong>de</strong>rstickerei auf.<br />
Ausgleichsvorgänge sind keine Beson<strong>de</strong>rheit <strong>de</strong>s Konjunktur-<br />
____________________<br />
(1) H.-K.-B. Chemnitz 1906 II, S. 114. „Die Posamentenindustrie suchte sich <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>richtung<br />
durch Hervorbringung spitzenartiger, leicht gehaltener Muster anzupassen“.<br />
<strong>Rasch</strong>, <strong>Das</strong> <strong>Eibenstocker</strong> <strong>Stickereigewerbe</strong> unter <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>, <strong>1910</strong>, 96 (169)<br />
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