Rasch-Das Eibenstocker Stickereigewerbe 1910 - modetheorie.de
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<strong>Rasch</strong>, <strong>Das</strong> <strong>Eibenstocker</strong> <strong>Stickereigewerbe</strong> unter <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>, <strong>1910</strong>, 127 (169)<br />
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einen Zeichner nicht voll in ihrem kleinen Betriebe beschäftigen konnten, wur<strong>de</strong><br />
jene Verrichtung <strong>de</strong>n selbständigen Zeichnern überlassen. Für diese Häuser lieferten<br />
ja die Annaberger Industriellen die Muster; und so fehlte auch in diesen Artikeln<br />
die Gelegenheit zu kunstgewerblicher Betätigung. Wenig an<strong>de</strong>rs stand es bei<br />
<strong>de</strong>n Tüllperlsachen, für <strong>de</strong>ren Musterung Paris, <strong>de</strong>r alte Sitz dieses Industriezweiges,<br />
vorbildlich war. Stapelartikel mit herkömmlichen naiven Mustern („das<br />
Hummele“, „die Kaiserkrone“) bil<strong>de</strong>ten einen beträchtlichen Teil <strong>de</strong>r Erzeugung.<br />
Auch die Damenwelt war in ihren Ansprüchen nicht so verwöhnt, daß sie z. B.<br />
wie heute Abwechslung <strong>de</strong>r Muster in je<strong>de</strong>r Saison o<strong>de</strong>r gut skizzierte Dessins<br />
verlangt hätte. „Was am Hemd, am Beinkleid, am Ärmel <strong>de</strong>r Damenwelt an Stikkerei<br />
sitzt, kann min<strong>de</strong>rwertig, ja sogar recht ordinär und geschmacklos sein“ (1).<br />
Bei <strong>de</strong>n Tamburbesätzen wechselte man lieber im Stickmaterial als in <strong>de</strong>r Zeichnung<br />
- also <strong>de</strong>r Einfluß <strong>de</strong>r Zeichner im Ausgestalten <strong>de</strong>r Musterung war sehr gering.<br />
Als Mitte <strong>de</strong>r 1890er Jahre die Tamburstickerei zurückging und die Handmaschinenstickerei<br />
ihren Aufschwung nahm, da stiegen auch die Anfor<strong>de</strong>rungen an die<br />
Zeichner - beson<strong>de</strong>rs, weil die Lohnarbeit für Annaberg aufgehört hatte und die<br />
<strong>Eibenstocker</strong> Industriellen ausschließlich selbst musterten. Zunächst zwar herrschte<br />
die Klei<strong>de</strong>rstickerei mit ihren einfachen Dessins (Blümchen, Arabesken) vor,<br />
und zum Teil gaben auch hier die auswärtigen Auftraggeber die Muster an, sodaß<br />
<strong>de</strong>r Zeichner nur die Schablone herzustellen hatte. <strong>Das</strong> Lohnsystem war <strong>de</strong>m entsprechend:<br />
<strong>de</strong>r Akkordsatz wur<strong>de</strong> für 1000 einzuzeichnen<strong>de</strong> Stiche bestimmt und<br />
betrug zunächst drei Mark.<br />
Erhöhte Anfor<strong>de</strong>rungen zeitigte erst die Perio<strong>de</strong> <strong>de</strong>r plattgestickten Besätze, <strong>de</strong>s<br />
jetzigen Hauptartikels. Die Skizze, nicht das Material <strong>de</strong>r Fä<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Grundstoffe,<br />
kann nun allein o<strong>de</strong>r im Zusammenhange mit <strong>de</strong>r Farbenstellung die Vielseitigkeit<br />
<strong>de</strong>r Muster verbürgen. Da diese jetzt einen ausgesprochenen Stil haben, wer<strong>de</strong>n<br />
vom Zeichner kunstgeschichtliche Kenntnisse gefor<strong>de</strong>rt. Die Aufgabe <strong>de</strong>s Entwerfens<br />
tritt mehr in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund; es ertönen Rufe nach kunstgewerblicher Anregung,<br />
um die „Harmlosigkeit in Sachen <strong>de</strong>s Geschmacks“ (2) zu beseitigen.<br />
____________________<br />
(1) H.-K.-B. Plauen 1886, S. 123.<br />
(2) „Jahresbericht <strong>de</strong>s Vogtländisch-Erzgebirgischen Industrie Vereins“ 1896/97.<br />
<strong>Rasch</strong>, <strong>Das</strong> <strong>Eibenstocker</strong> <strong>Stickereigewerbe</strong> unter <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>, <strong>1910</strong>, 127 (169)<br />
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