Rasch-Das Eibenstocker Stickereigewerbe 1910 - modetheorie.de

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Rasch, Das Eibenstocker Stickereigewerbe unter der Einwirkung der Mode, 1910, 94 (169)
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relativen Sicherheit bleibt sie jederzeit der Gefahr ausgesetzt, daß die nächste
noch so kleine Modeänderung Produkte verlangt, die außerhalb ihrer technischen
Möglichkeit liegen.
Wenn die Mode die Verfahrensgrenze der bisher beschäftigten Modeindustrie
überschreitet, so erhebt sich die doppelte Frage: Was wird aus dem Produkt? Was
wird aus der notleidenden Modeindustrie? Je nach der Art der Variation im
Modebedarf hört der Bedarf nach dem vorher verlangten Modeartikel entweder
ganz auf wie z. B. bei den Bandzacken: Produktionsschwund, oder der Bedarf
nach den Erzeugnissen derselben Bedarfsklasse hält im allgemeinen an, wird aber
in der technischen Produktion an einen andern Platz versetzt: Produktionsversetzung.
Unter den Modeindustrien sind namentlich die bloßen Dekorationsgewerbe
dem Produktionsschwunde ausgesetzt, der sie in der doppelten Form der ornamentenlosen
„glatten“ Mode und des Wechsels im Ornamentationscharakter erreichen
kann, wie bei der Verdrängung einer Besatzmode durch eine Knopfmode.
Produktionsversetzung liegt z. B. vor, wenn eine effektverwandte Leistung, die
bis dahin der Stickerei oblag, der Weberei, der Spitzenfabrikation oder dem Posamentengewerbe
übertragen wird. So fielen die Antimakassars der Weberei anheim,
ebenso ein Teil der bunten Besätze. Auch auf anderen Gebieten lassen sich
derartige Vorgänge nachweisen; z. B. die Verwendung von Papiertapeten statt
gewebter Gobelins, von entsprechend appretierter Baumwolle statt Seide und Leinen.
Für die beraubte Industrie ist es keineswegs gleichgültig, welcher von beiden
Vorgängen eintritt. Bei der Produktionsversetzung kann eine Reversion eintreten;
wenn die Mode in ihrer Hauptrichtung verharrt, kann sie binnen kurzem zu der
verlassenen Technik zurückkehren. Produktionsschwund dagegen hängt mit einer
Änderung im Grundcharakter der Mode zusammen; die Lage ist hoffnungslos.
Aber gerade dieser krasse Fall des Produktionsschwundes, an den man beim
Modewechsel sofort zu denken geneigt ist, ereignet sich nicht so häufig, wie man
wohl meint; wir konnten ihn nur bei den Bandzacken beobachten.
Die Produktionsversetzung tritt nicht immer spontan ein, nicht durch eine bloße
„Laune“ der Mode. Sie erfolgt durch die Konkurrenz verwandter Industrien, sozusagen
als Ergebnis eines verhüllten Angriffs auf den Besitzstand der von der
Mode bis dahin begünstigten Industrie; es liegt hier modewecken-
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