Rasch-Das Eibenstocker Stickereigewerbe 1910 - modetheorie.de

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Rasch, Das Eibenstocker Stickereigewerbe unter der Einwirkung der Mode, 1910, 7 (169)
Spiel (1). Allgemein ist die Behauptung, daß eine Mode, sobald sie allgemein
verbreitet ist, eben infolge dieser Vulgarisierung von den modeangebenden Kreisen
der vornehmen Welt geändert werde - ein Satz, der auch erst des Beweises
seiner allgemeinen Geltung harrt.
Über dieser Psychologie der Mode hat man vergessen, die Erscheinung rein wirtschaftlich
zu betrachten, als etwas Vorhandenes, das soziale und ökonomische
Ursachen und Folgen hat. Sombart macht im II. Bande seines großen Buches über
den Kapitalismus den Versuch einer Modetheorie von rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten
aus; aber er sieht die Mode ganz stereotyp als einen Prozeß, der in
all den von ihr mehr oder minder betroffenen Gewerben die gleichen Ursachen
und Wirkungen hat, und betrachtet sie schließlich mit einer bezeichnenden Herzensregung,
aber bedenklicher Wissenschaft „als des Kapitalismus liebstes Kind“.
In solcher Ausschließlichkeit erscheint jede Behauptung von vornherein verfehlt.
So wenig man die jetzigen Verhältnisse des Handwerks ohne ausführliche Einzeluntersuchungen
hätte durchschauen können, so wenig lassen sich jetzt schon, wo
eine genügende Zahl von Einzeluntersuchungen fehlt, die ökonomischen Wesenheiten
der Mode kennzeichnen.
Für den Psychologen beginnt das Interesse an der Mode bereits, wenn sie im
Keime des Entstehens sich befindet; auch im Zustande des Absterbens hat sie
größere Wichtigkeit für ihn als zur Zeit allgemeiner Übung; ihm ist die neue
Mode Untersuchungszweck, die Mode in den höheren Ständen als des „eigentlichen
Sitzes“ (2), er sieht sie „wie nur ein Teil der Gruppe sie übt, während ein
anderer sich auf dem Wege zu ihr befindet“ (3). Für den Nationalökonomen, der
die Versorgung der happy few nicht für Volkswirtschaft hält, ist die Mode in erster
Reihe dann Gegenstand der Untersuchung, wenn sie sich durchgesetzt hat, wenn
sie allgemein geübt wird, also die Grundlage verkehrswirtschaftlicher Massenversorgung
ist; er darf an den Phänomenen des Werdegangs der Mode zwar nicht
vorübergehen, aber er darf noch weniger bei ihnen stehen bleiben.
Betrachten wir demnach die Mode als den regulierenden Be-
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(1) Lexis, „Konsumtion“ in Schönbergs „Handbuch der pol. Oekon.“ I, IV. Aufl. Tübingen 1896,
S. 794.
(2) Simmel a. a. O. S. 14.
(3) A. a. O. S. 15.
Rasch, Das Eibenstocker Stickereigewerbe unter der Einwirkung der Mode, 1910, 7 (169)
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