Rasch-Das Eibenstocker Stickereigewerbe 1910 - modetheorie.de

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Rasch, Das Eibenstocker Stickereigewerbe unter der Einwirkung der Mode, 1910, 162 (169)
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die gewerbliche Tätigkeit der Kinder eine wichtige Ursache jener mangelnden
geistigen Regsamkeit; aber sie ist nicht die einzige. Die häuslichen Verhältnisse,
vor allem die langen Arbeitszeiten der Eltern, lassen sie wenig Interesse an dem
geistigen Fortkommen der Kinder nehmen. In vielen Fällen ist die Kinderarbeit
bittere Notwendigkeit; die Unterbeamten, die Tagelöhner, die Holzschleiferei-
und Waldarbeiter verdienen ungefähr 3 M am Tage, ein Einkommen, mit dem
unter jetzigen Verhältnissen eine kinderreiche Familie nicht zu ernähren ist. Die
Möglichkeit, das Einkommen zu erhöhen, wächst mit der Kinderzahl, und so kann
man von Müttern hören, daß sie die hohe Kinderzahl als einen großen Vorteil betrachten.
Die Bestimmungen des Gesetzes haben bisher nicht im entferntesten durchgeführt
werden können infolge des hohen Prozentsatzes der „eigenen“ Kinder. Eine Kontrolle
könnte nur durch einen Spezialbeamten, der für den Stadtbezirk allein tätig
wäre, erfolgen - wenn man sich überhaupt zu diesem immerhin weitgehenden
Eingriff in die Familienverhältnisse entschließen könnte. Von der Mitarbeit der
Schule ist wenig zu erwarten. Der Lehrer hat das Recht, auf dem Umwege über
die Schulaufsichtsbehörde in einzelnen Fällen, “sofern erhebliche Mißstände zutage
getreten sind“(1), bei der Polizeibehörde Beschränkung der Arbeitszeit für
ein Kind beantragen zu lassen. Aber die Lehrerschaft hütet sich, den Unwillen der
Mitbürger auf sich zu laden; denn in der Kleinstadt würde man ihr diese Einmischung
in vermeintliche Elternrechte schwer verdenken, und schließlich würde
das Kind doch keinen Nutzen haben (2).
So hat sich der Schutz, den das Gesetz den Kindern brachte, darauf beschränkt,
daß er sie dem Elternhause zuführte. Die Schäden, gegen die es sich in erster Reihe
wendet - Nacht- und Früharbeit - sind ja weniger im Gebirgsdistrikte als in der
Großstadt vertreten. Die düsteren Bilder, wie sie etwa Agahd für die Großstadt
schildert, sind im Gebirge nicht typisch.
Die Weiterbildung des Gesetzes bis zum Verbote jeder Kinderarbeit ist eine Forderung,
deren Verwirklichung zwar zunächst nicht zu erwarten ist, die aber
gleichwohl diskutiert werden muß. Das Gesetz hat die Kinder dem Elternhause
zugeführt, und was
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(1) § 20, Absatz 1 des Gesetzes vom 30. März 1903.
(2) Vgl. die ähnlichen Ausführungen bei Wilbrandt a. a. O. S. 87 ff.
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