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»So wie es schon schmerzt, manche Entdeckung nicht<br />
gemacht zu haben, sobald man sie gemacht sieht, obgleich<br />
noch ein Sprung nötig war«, gestand Lichtenberg, »so<br />
schmerzt es menschlich mehr, tausend kleine Gefühle und<br />
Gedanken, die wahren Stützen menschlicher Philosophie,<br />
nicht mit Worten ausgedrückt zu haben, die, wenn man sie<br />
von anderen ausgedrückt sieht, Erstaunen wecken.«<br />
Die Philosophie in irgendein Prokrustesbett zwingen zu<br />
wollen, beraubte sie ihres eigentlichen inhaltlichen Kerns,<br />
der mit der Freiheit und dem Humanum ebenso zu tun hat<br />
wie mit Kunst, Lebenskunst, Stil, Kreativität und Poiesis<br />
wie auch mit Antidogmatismus, Ironie, Humor und – last<br />
but not least – allen Weisen der bewußten und durch dachten<br />
Selbsterfahrung. In einer allzu sehr auf Nützlichkeit und<br />
Output ausgerichteten verwalteten Welt ist das anscheinend<br />
Überfl üssige, das heißt das, was nicht zur äußeren Lebens-<br />
sicherung oder zur Güterproduktion dient, keineswegs<br />
unnütz und unnötig: Mit Ortega y Gasset könnte man sagen,<br />
daß erst das Überfl üssige das Dasein sinnvoll, human gestal -<br />
tet, daß der Mensch das Wesen sei, das des Überfl üssigen,<br />
des scheinbar Überfl üssigen notwendig bedarf. Als freies<br />
Spiel, als Spiel der Freiheit – durch aus auch in aufbauender<br />
Iro nie und Selbstironie – ist Philosophie eben auch eine geleb<br />
te freie Kunst: »Eine Kunst als Lebenskunst, als Kunst<br />
zu existieren«, meint der existenzphilosophische Schriftsteller<br />
Richtscheid, antitechnokratische, antidog mati sche,<br />
antibürokratische und zuweilen auch antiszientistische<br />
spielerisch-schöpferische Tätigkeit. Wie Leben sich im<br />
Tief sten nur in der eigenen Tätigkeit, im Eigen han deln<br />
verwirk licht, so kann ein wahrhaft humanes personales<br />
Existieren gerade in einer Zeit der extremen Gefährdung<br />
alles Individuellen, in einer Zeit, in der das Individuum<br />
schon totgesagt wurde, sich im Streben, Selbst zu sein,<br />
»eigentlich« zu sein, in der Frage nach dem Selbstsein<br />
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