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kaum erfolgreich einlassen kann, wenn man nicht auch mit<br />
anderen Lebens- und Kulturentwürfen konfrontiert wurde.<br />
Das ist besonders deutlich, wenn man wiederum auf den<br />
Einfl uß der Sprache auf unser Denken verweist.<br />
Wenn Aristoteles Chinesisch gesprochen hätte …<br />
Ich hatte schon erwähnt, daß in der Sprache sehr viele<br />
unter gründige Vorformulierungen stecken, etwa das in<br />
der Subjekt-Prädikat-Struktur der indoeuropäischen Standard<br />
sprachen angelegte Substanzdenken oder etwa das<br />
Denken in Wirkungen und Ursachen usw. Das Denken in<br />
Substantiven verführt uns dazu, daß wir Abstrakta bilden,<br />
von denen sehr fraglich ist, ob ihnen – abstrakte – Ge genstände<br />
wirklich entsprechen. Schon bei Platon wuchs sich<br />
diese Frage zu einem großen Problem aus – insofern,<br />
als dort wahrscheinlich eine entscheidende ontologische<br />
Einbahnstraße der gesamten europäischen Philosophieentwicklung<br />
gebahnt wurde. Gibt es so etwas wie<br />
»die Röte« als Gegenstand, als abstrakte Eigenschaft, die<br />
allen roten Dingen gemeinsam ist? Wo, wie existiert »die<br />
Röte«? Kann man davon reden, daß sie überhaupt existiert<br />
– oder was soll dies heißen?<br />
Goethe schon, der Spezialist der Farbenlehre, sah darin<br />
»von jeher etwas Gefährliches, von der Farbe zu handeln«;<br />
er zitiert einen Vorgänger (welchen?) mit dem Wort: »Hält<br />
man dem Stier ein rotes Tuch vor, so wird er wütend; aber<br />
der Philosoph, wenn man nur überhaupt von Farbe spricht,<br />
fängt an zu rasen.«<br />
Auch die wohl einfl ußreichste Philosophie der Neuzeit<br />
stößt auf dieses Problem: »Wo das ›Ding an sich‹ mit der<br />
Sprache zusammentrifft, hat der Kantianismus aufgehört«<br />
(so Hugo Ball vor Wittgenstein schon 1915)!<br />
Einem jüngeren Philosophiehistoriker (K. Ch. Köhnke)<br />
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