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zufolge hat Kant das Ding an sich ursprünglich gar als<br />
»transzendente Vogelscheuche« benutzt. Ist das wahr?<br />
Wenn ja, wenn nein, wenn jein – wieso? Sind solche abstrakten<br />
Ausdrücke überhaupt Gegenständen zuzuord nen? Hat<br />
unsere Sprache hierbei nicht eine andere Funktion? Ist sie<br />
als Instrument der Beschreibung über haupt geeignet, solche<br />
Gegenstandsunterstellungen oder Hypostasierungen zu<br />
vermeiden? Das Wortmaskenverleih institut könnte auch<br />
als Wortmaskennachweis- und -seziereinrichtung, kurz: als<br />
Wortmaskenentlarvungsin sti tut, funktionieren. Es wäre in<br />
der Tat am besten, wenn man auch eine ganz andersartige<br />
Sprache beherrschte, wenn man gleichzeitig in zwei<br />
strukturgrammatisch völlig unterschiedlichen Sprachen<br />
denken könnte. Es wäre sehr sinnvoll für einen Philo -<br />
so phen – insbesondere natürlich für einen Sprachphilosophen<br />
–, wenn er eine andere Sprache wie etwa das Chine -<br />
sische beherrschte. Es gibt tatsächlich überraschende philoso -<br />
phische Arbeiten (z.B. von Whorf) über das Weltbild etwa<br />
mancher nordamerikanischer Indianerstämme, wie der Hopi,<br />
die gar nicht in der Lage sind, so etwas wie einen linearen,<br />
fortschrittsorientierten Zeitbegriff zu entwickeln, sondern<br />
statt dessen in Inten sitäten denken. Das Chinesische,<br />
das Japanische, das Koreanische haben ganz andere<br />
gram ma tische Regeln, die Anlaß boten bzw. böten, ganz<br />
andere Arten des philoso phischen Denkens zu entwickeln.<br />
Der österreichische Sprachphilosoph Mauthner sagte: »Hätte<br />
Aristoteles Chine sisch oder Dakotaisch gesprochen, hätte<br />
er zu einer ganz anderen Logik gelangen müssen.« Nun,<br />
das ist sicherlich ein wenig überformuliert, überpointiert,<br />
aber im Grunde ist dieser Spracheinfl uß auf das Denken,<br />
die Entwicklung des philosophischen Denkens und damit<br />
auch des Denkens in den Wissenschaften noch keineswegs<br />
genügend durch interkulturelle Vergleiche erforscht. Hier<br />
wäre in der Tat auch noch viel zu leisten.<br />
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