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Die Fliege im Glas<br />

»Was ist dein Ziel in der Philosophie?« fragte Wittgenstein<br />

(PU § 309). »Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas<br />

zeigen.« Ein Wort, über das manche sehr lange nachgedacht<br />

haben und das sehr tief zu sein scheint. Wittgenstein hat<br />

leider nie notiert, woher er seine Quellen hat; es läßt sich<br />

aber leicht herausfi nden, daß diese fundamentale Weisheit<br />

von einem schon erwähnten philosophischen Vorgänger, der<br />

allerdings nicht öffentlich als Philosoph reüssiert hat, stammt,<br />

und zwar von Christian Morgenstern. Wittgenstein hat ihn<br />

gelesen. Morgenstern hat nämlich geschrieben: »Wer sich<br />

an Kant hält, dem muß alle Metaphysik erschei nen, wie das<br />

hartnäckige Surren einer Fliege an einem festgeschlossenen<br />

Fenster. Überall wird das Tier einen Durchlaß vermuten, und<br />

nirgends gewährt die unerbittliche Scheibe etwas anderes als<br />

Durchsicht.« Wenn sie wenigstens das gewährleisten würde,<br />

die Philosophie, denn die Probleme sind ja so schwierig<br />

– erwähnt wurden ja schon Zitate über den Versuch, das<br />

Unlösbare zu lösen. In der Philosophie würde man sehr<br />

wohl fahren und sehr viel erreichen, wenn man wirklich<br />

eine Durchsicht erhielte. Wittgenstein selbst stellte fest:<br />

»Ein philosophisches Problem hat die Form ›Ich kenne mich<br />

nicht aus‹.« 19 Mit anderen Worten: »Ich habe eigentlich<br />

keine oder noch keine Durchsicht über das Problem.«<br />

Sollte sich in der Philosophie gar das kroatische Sprichwort<br />

bewahrheiten: »Wer selbst arbeitet, verliert die Übersicht!«?<br />

Leicht abgewandelt, verliert, wer selber (zuviel nach-)denkt,<br />

die Übersicht (über das Berufungskarussell zum Beispiel)?<br />

»Der Philosoph von heute verzehrt zwei Drittel seines<br />

Lebens in fruchtlosen Anstrengungen, sich im Chaos zurecht<br />

zufi nden.« Ist diese dadaistische Erkenntnis Hugo<br />

Balls aus der Zeit des Ersten Weltkrieges wirklich neu?<br />

Wenn Wittgenstein erkannte: »Die Arbeit an der Philoso-<br />

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