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Möglichkeit, eine Theorie des Wassers aufzustellen, weil er<br />

nichts anderes kennt, er »kennt«(?) eben nur Wasser – und<br />

(er)kennt es daher nicht. Ähnlich stand es auch in manchen<br />

Spezialdisziplinen. Heute dürfte die Nichtbeachtung der<br />

Grundlagen und Hintergründe nicht mehr sehr verbreitet<br />

sein – dank der zu Beginn des Jahrhunderts entdeckten und<br />

publik gewordenen Grundlagenkrise der Wissenschaften,<br />

der Mathematik, der Physik, der Sozialwissenschaften. Doch<br />

hatte man sich eine sehr lange Zeit auch in der abendländischen<br />

Kulturentwicklung nicht bewußt gemacht, daß unanalysierte,<br />

unkritisierte, unkritisch hingenommene Vorentscheidungen<br />

zu dem Vorurteil führten, der abendländische Entwurf des<br />

Denkens, des Geistes, der ganzen Kultur sei der einzige uni -<br />

ver sal menschliche, rationale. Aber das Beispiel vom Fisch<br />

im Wasser lehrt auch das: Wer nur seine eigene Kultur<br />

kennt, kennt gerade die nicht richtig. Lichtenberg schon hat<br />

gesagt: »Wer nichts als Chemie versteht, versteht auch die<br />

nicht recht!« Das trifft auch für die Kultur im allgemeinen<br />

zu, zumal für unsere philosophische Kultur im Abendlande.<br />

Mit anderen Worten, eine philosophische Aufgabe ist es, die<br />

Kultur des Außergewöhnlichen, des Fremden, der neuen<br />

Perspektiven, des Ungewohnten zu entwickeln und weiterzuführen,<br />

um eben so etwas wie eine Kritik der eigenen<br />

ideo logischen Voraussetzungen zu ermöglichen. (Die europäische<br />

Philosophie ist nach wie vor sehr eurozentrisch, wie<br />

mir bei einer Gastprofessur in Indien deutlich wurde: »Nur<br />

im Abendland denkt man aufrecht. Daher vielleicht der ärgerliche<br />

positive Charakter seiner Philosophie« [Cioran].) Das<br />

bedeutet, daß man eigentlich auch – wenigstens zeitweilig – in<br />

einer gewissen geistigen Distanz zu seiner eigenen Tradition<br />

leben können muß, um in der Lage zu sein, gleichsam<br />

von außen sein eigenes Denken, seine Gewohnheiten, insbesondere<br />

seine theoretischen Geprägtheiten zu erkennen<br />

– eine besonders schwierige Angelegenheit, auf die man sich<br />

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