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›Luftwiderstand‹, ›logische Wahrheit‹ oder ›Leopold von<br />

Wiese‹.)<br />

21 So sah schon der ironisch-scharfsinnige Philosophiekritiker<br />

Lycinus bei Lukian – als Sprachrohr seines Autors – den philo -<br />

so phischen Helden Hermotimus durch die philosophische<br />

Beschäftigung verfallen: »… seitdem ich dich nichts anderes tun<br />

sehe als die Schulen der Philosophen zu besuchen, deine meiste<br />

Zeit über Büchern gebückt zu sitzen und alles, was du bei<br />

deinen Lehrern gehört hast, in großen Heften niederzuschreiben.<br />

Dafür siehst du aber auch so blaß aus und bist nichts als Haut<br />

und Knochen. Nicht einmal die Ruhe des Schlafes scheinst du<br />

dir zu gönnen, so ganz lebst du in diesen Dingen.« Lycinus<br />

zerredet erfolgreich Hermotimus’ Hoffnungen auf philosophische<br />

Glückseligkeit: Sie wäre nur in zweihundertjähriger Durchprüfung<br />

aller Philosophenschulen zu ermitteln und nicht einmal garantiert<br />

(wer garantiert die Wahrhaftigkeit der Garanten – und wieder<br />

des Metagaranten usw. usw.?). 200 oder allermindestens 150<br />

Jahre sollte man schon im Altertum benötigen – heute müßten<br />

dann – proportional zur Zahl der philosophischen Seiten und<br />

Schulen – ca. 3333 erforderlich sein. Wer kann sich die Zeit schon<br />

nehmen? So landet man nach Lycinus außer beim halbherzigfruchtlosen<br />

Losentscheid zwischen philosophischen Richtungen<br />

schließlich bei dem Vorschlag für »eine sichere Wahl«: Einmal<br />

angenommen, daß »du zuvor alle philosophischen Schulen und<br />

jede ganz kennengelernt hast, so sehe ich nur einen, der dir<br />

helfen kann: den Wahrsager. Das ist der kürzeste Weg, ohne alle<br />

Umschweife und Verzögerungen hinter die Wahrheit zu kommen.<br />

Du läßt einen Zeichendeuter rufen, und sobald du ein Hauptstück<br />

gehört hast, schlachtet er dir ein Opfertier, und ein Gott erspart<br />

dir unendliche Mühe und Sorgen, indem er in der Leber des<br />

Opfers zeigt, was du zu wählen hast.« Immerhin schlug Lycinus<br />

nicht vor, Philosophen zu opfern und in deren Gehirnen nach der<br />

Wahrheit zu suchen. Doch bis zum bloßen Opfern von – und sei<br />

es liebgewonnenen – Hypothesen nach Karl Raimund Poppers<br />

Rezept, »daß an unserer Stelle unsere Hypothesen sterben«, ist<br />

Lukian noch nicht vorgedrungen (obwohl schon Aristoteles und<br />

noch 500 Jahre früher die altindischen Jaina-Philosophen Poppers<br />

Hypothesenkritizismus vorweggenommen hatten). Moral von der<br />

Geschichte: Absolute Sicherheit ist (absolut?) nicht zu haben. Und<br />

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