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Vernunft. Philosophie – Striptease der Vernunft? Vernunft<br />
gleichsam das Spezialorgan der Philosophen, der berufenen<br />
Gralshüter der Vernunft, Vernunft – zugleich auch<br />
Gegenstand und Schürfgebiet der Philosophie? Ist Philosophie<br />
im Grunde gar so etwas wie eine menschliche Hybris<br />
der »Vernunft der Vernunft« (Aristoteles), die geheimnisvolle<br />
Erfi ndung der Philosophen, die sie allen Gebildeten<br />
unter ihren Nichtverächtern aufschwätzen konnten? (Der<br />
amerikanische Philosoph Richard Rorty meint das. Er hält<br />
sogar das Geistige und Psychische, das »Mentale«, für eine<br />
Fiktion philosophischer Bemühungen.) Philosophen also<br />
als Wünschelrutengänger des Geistes, Geistesseher oder<br />
gar Geisteszauberer?<br />
Geistesverzauberer waren sie zweifellos. »Die Philosophie«,<br />
sagt Victor Hugo, »ist das Mikroskop des Denkens.«<br />
Sie liefert die verfeinerte Instrumentierung, die es erst<br />
erlaubt, in das Feinste und das Kleinste detaillierend,<br />
analysierend, zerlegend hineinzublicken. Doch andererseits<br />
könnte man auch sagen, Philosophie sei das Teleskop des<br />
Denkens; denn man versucht mit ihrer Hilfe – besonders<br />
auch in der Kantischen Philo sophie der Vernunft – über das<br />
Beschränkte, das Endliche hinauszudenken, gleichsam ins<br />
Unbegrenzte, ins Unendliche. Auch das ist eine traditionelle<br />
Aufgabe der Philosophie.<br />
Zu Kants einschränkender und übersteigender Vernunftphilo<br />
sophie dichtete Weischedel:<br />
»Doch wenn auch Kant das Denken sehr beschränkt,<br />
er kann nicht hindern, daß es weiter denkt.<br />
Es will sich nicht im Endlichen begnügen.<br />
Und kann der Mensch dies auch nicht überfl iegen,<br />
so ahnt er doch in der Vernunft die Stelle,<br />
an der das Unbedingte sich erhelle.<br />
Er fi ndet sie im sittlichen Gebot;<br />
denn dies zu achten ist dem Menschen not.«<br />
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