Untitled
Untitled
Untitled
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
alles richtig gewesen wäre, wenn sie alles anders gemacht<br />
hätten. Die Weisheit lebt sozusagen im Konjunktiv Plusquam<br />
perfecti.« Die Philosophen freilich nicht: Da es im<br />
Deutschen keinen Optativ gibt, leben die optimistischen<br />
im vollendeten Futur, die pessimistischen im verneinten<br />
Konjunktiv irrealis.<br />
Nomen est omen! Philosophie, die Liebe zur, die Freundschaft<br />
mit der Weisheit – so führte einst Pythagoras den Gattungs<br />
namen »Philosophen« als der Liebhaber der Weisheit<br />
ein (nach Cicero, Tusc. Disp. V, 9). Philosophie ist nicht nur<br />
freund schaftlicher, sondern, so sagte Dante, ein »liebevoller<br />
Umgang mit der Weisheit«, auch heute hoffentlich kein<br />
noch so liebevoller Untergang der Weisheit, kein Sichselber-Auffressen<br />
27 , keine weisheitsliebende Selbstaufgabe<br />
der Weisheitsgewißheit, wenn wir an die erwähnte ewig<br />
unvollendete Aufgabe denken. Weisheit ist eine Einstel lung,<br />
die zwar Engagement erheischt, – doch auch Selbst bezähmung,<br />
Selbsterkenntnis, Selbstbescheidung, »Weisheit besteht<br />
oft darin, Öl auf die Wogen der Wahrheit zu gießen«,<br />
mein te der deutsche Aphoristiker Hans Kasper (Dietrich<br />
Huber). Noch kälter urteilt Wittgenstein: »Die Weisheit ist<br />
etwas Kaltes, und insofern Dummes. (Der Glaube dagegen,<br />
eine Leiden schaft.) Man könnte auch sagen: Die Weisheit<br />
ver hehlt Dir nur das Leben. (Die Weisheit ist wie eine kalte,<br />
graue Asche, die die Glut verdeckt.)« »Weisheit: die Idee<br />
vom gesetzmäßigen vollkommenen Gebrauch der Vernunft«<br />
– ist diese Defi nition Kants passender als Goethes<br />
wohlbekannter Vers<br />
»Das ist der Weisheit letzter Schluß:<br />
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,<br />
Der täglich sie erobern muß«?<br />
Wie dem auch sei, nur in der »Wissenschaft« (kritisch gesucht<br />
und methodisch eingeleitet) – sieht Kant »die enge Pforte,<br />
84