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Anmerkungen<br />
1 »Wenn ein Löwe sprechen könnte, wir könnten ihn nicht<br />
verstehen«, heißt ein geheimnisumwitterter Satz bei Wittgenstein.<br />
Weil der Löwe unsere Lebensform, unser Handlungssystem nicht<br />
teilt? Doch teilt er diese zum Teil durchaus. Er frißt und macht<br />
den ersten Schritt vor dem zweiten. »Gut gebrüllt, Löwe!« Ist das<br />
nicht die Projektion eines Teilverstehens? Wir verstehen nur zum<br />
Teil, was Verstehen ist …<br />
2 »Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, sagt die Bibel, die<br />
Philosophen machen es gerade umgekehrt, sie schaffen Gott nach<br />
dem ihrigen.« (Lichtenberg) Nur die Philosophen? Hatte nicht<br />
schon Xenophanes erkannt: »Doch wenn die Ochsen und Rosse<br />
und Löwen Hände hätten oder malen könnten …, so würden die<br />
Rosse roßähnliche, die Ochsen ochsenähnliche Göttergestalten<br />
malen …«<br />
3 Traf Kierkegaard nicht allgemeiner den Kern der Sache, wenn<br />
er den Eindruck gewann: »Die Menschen scheinen die Sprache<br />
empfangen zu haben, nicht um die Gedanken zu verbergen, sondern<br />
um zu verbergen, daß sie keine Gedanken haben«? »Keinen<br />
Gedanken haben und ihn ausdrücken können – das macht« nach<br />
Karl Kraus nicht den Philosophen, sondern »den Journalisten«.<br />
Daß er nichts zu sagen hat, sagt dieser manchmal elegant. Daß er<br />
das Nichts zu sagen hat, sagt jener allzu kompliziert. (Dabei ist es<br />
so einfach: »Das absolute Nichts ist ein Loch, dem die Umgebung<br />
fehlt«, meint W. M. in der Süddeutschen Zeitung – ein schwarzes<br />
Loch des Geistes sozusagen! Es saugt alles in sich hinein.)<br />
Robbe-Grillet, Theoretiker und Praktiker des Nouveau Roman,<br />
verallgemeinerte sogar: »Der echte Schriftsteller hat nichts<br />
zu sagen.« Der echte Denker auch nicht? Die idiomatische<br />
Doppeldeutigkeit, die der Satz im Deutschen annimmt, war der<br />
Übersetzerin offenbar nicht klar.<br />
4 Zur Erläuterung ein Text des Philosophen selbst: »Die Vierung<br />
west als das ereignende Spiegel-Spiel der einfältig einander<br />
Zugetrauten. Die Vierung west als das Welten von Welt. Das<br />
Spiegel-Spiel von Welt ist der Reigen des Ereignens. Deshalb<br />
umgreift der Reigen auch die Vier nicht erst wie ein Reif. Der<br />
Reigen ist der Ring, der ringt, indem er als das Spiegeln spielt.<br />
Ereignend lichtet er die Vier in den Glanz ihrer Einfalt. Erglänzend<br />
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