ZBORNIK - Matica srpska

Zunächst ist daran zu erinnern, daß sich Hippias offenbar insofern
mit Homer beschäftigte, als er Äußerungen von ihm und anderen
Dichtern mit denen von Prosaikern zusammenstellte (s. o.).
Doch ist anzunehmen, daß er wie alle Sophisten auch die homerischen
Gedichte oder Teile von ihnen in der einen oder anderen
Form erklärte, wie W. O. Friedel wahrscheinlich macht, der sich allerdings
weitgehend auf Platon stützt. 25 Dieser läßt Sokrates gleich
zu Beginn des Dialogs 26 die an Eudikos gerichtete Bitte, Hippias
möge seine Meinung darlegen, ob Achill oder Odysseus besser sei,
mit dem Hinweis begründen, daß “jener auch vieles andere und vielfältige
sowohl über andere Dichter als auch über Homer dargelegt
hat". 27 Er wiederholt dann die Frage kurz darauf noch einmal an
Hippias selbst gewandt: “Doch was sagst du uns nun über Achill
und Odysseus? Welcher, sagst du, ist besser und in welcher Hinsicht?"
(364 B 3—5) 28 Und der Sophist antwortet: chmÆ g2r =/Omhron
pepoihkçnai Ëriston mÇn Ëndra 'Axillça t%n eøj Troåan
Ècikomçnwn, soc3taton dÇ Nçstora, polytrop3taton dÇ 'Odyssça.
29 Wie auch sonst oft gibt Sokrates vor, Hippias nicht zu verstehen
und fragt nach, ob nicht Achill von Homer als der gewandteste
geschildert werde (364 E 5—6). Hippias bestreitet dies und
versichert, daß Achill von Homer als Âploÿstatoj kaÆ Èlhuçstatoj
(“äußerst schlicht und wahrhaftig") dargestellt werde, und er
führt als Beweis die oben zitierten Verse aus den Litaå an, mit denen
Achill seine Antwort auf Odysseus beginnt (364 E 7—365 B
2), allerdings ohne Vers 311, mit dem Plural trÿzhte, durch den
auch andere Griechen einbezogen werden. 30 Er fährt dann fort: “In
diesen Versen läßt er die Wesensart der beiden Männer erkennbar
werden, daß der eine, Achill, wahrhaftig und aufrichtig ist, Odysseus
vielgewandt (verschlagen) und lügnerisch. Denn er läßt Achill
25 Vgl. G. O. Friedel, De philosophorum ac sophistarum qui fuerunt ante Platonem
studiis Homericis I, De Sophistis Diss. phil. Halle 1873, 19—32, bes.
27—31 (vor allem zu Platons Darstellung); neben den A. 9 genannten Ausgaben s.
auch L. Radermacher (ed.), Artium Scriptores (Reste der voraristotelischen Rhetorik),
SAWW 227, 3, Wien 1951, 102—106, bes. nr. 1 und 9.
26 Vgl. dazu G. Smith (ed.), Platonis Ion and Hippias Minor, London 1895;
21—42 und 81—123; B. J. H. Ovink, Philosophische Erklärung der platonischen
Dialoge Meno und Hippias Minor, Amsterdam 1931, 145—167.
27 Cf. ñpeid0 kaÆ Ëlla poll2 kaÆ pantodap2 ¢mìn ñpidçdeiktai kaÆ
perÆ poiht%n te Ëllwn kaÆ perÆ =Om0roy. (363 C 1—3).
28 Cf. Èt2r tå d§ lçgeij ¢mìn perÆ to‡ 'Axillçwj te kaÆ to‡ 'Odyssçwj;
pÃteron Èmeånw kaÆ kat2 tå càj eÖnai.
29 „Ich behaupte nämlich, daß Homer von denen, die nach Troja gekommen
sind, Achill als den tüchtigsten, Nestor als den klügsten und Odysseus als den
gewandtesten Helden geschildert hat." (364 C 4—7).
30 Cf. … ¤j m0 moi trÿzhte par0menoi Ëllouen Ëlloj (s. o. A. 7).
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