No 96 - IUMSP
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ten Partner. Es ist schwierig auszumachen, ob diese Ratschläge willkommen sind, denn sie werden<br />
weder offen abgelehnt noch wird aktiv nach ihnen gebeten. Das Personal ist mit der Materialabgabe<br />
(Kondome und Broschüren) eher zurückhaltend, so wird z. B. erwähnt, dass die drei<br />
sich prostituierenden Frauen ein ‘paar Kondome’ bekämen, aber nur wenn sie ‘in <strong>No</strong>t’ seien.<br />
Man wolle ihnen mit einem spontanen Kondomangebot “nicht zu nahe treten, um kein Misstrauen<br />
zu wecken”. Dem Pflegepersonal, das sich auch um andere Aspekte als die Prävention<br />
kümmert, so z.B. die Therapietreue (adherence), geht ein intaktes Vertrauensverhältnis über<br />
alles, denn der Therapieerfolg hängt auch davon ab : “Es ist uns wichtiger, dass sie uns trauen,<br />
denn die Ärzte die wechseln ja immer wieder ... Aber es könnte schon sein, dass es [die<br />
Kondomabgabe] nicht gut ankommen würde. Dass sie denken würden, dass man sich zu sehr<br />
einmischt”. Anlässlich eines positiven HIV-Testresultats werden Patienten innert kurzer Frist zu<br />
vertiefter Beratung aufgeboten. Oft sind neudiagnostizierte Patienten erst nach einiger Zeit<br />
bereit, von Sexualverhalten und -praktiken zu sprechen; es ist wichtig, dass mit ihnen ein<br />
Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann, denn es ist die Voraussetzung zu Gesprächen,<br />
sowohl aus der Sicht der Beratungsperson als auch des Ratsuchenden (“Am Anfang, wenn man<br />
sich nicht gut kennt, sind sie zurückhaltend. Später merkt man dann, dass schon früher viele Fragen<br />
da gewesen wären, die man halt nicht mit ihnen anspricht, weil man sich noch nicht so gut kennt.<br />
Die Neuinfizierten oder —diagnostizierten sind noch nicht so weit, dass sie alle Fragen stellen<br />
können. Aber wir nehmen uns wirklich alle Zeit, die ein Patient braucht”). Paare sprechen im<br />
Zusammenhang mit Kinderwunsch und Familienplanung relativ häufig von Sexualpraktiken<br />
und Schutzverhalten. Bei nicht-konkordanten Paaren hat der positive Partner eher die grösseren<br />
Ängste, seinen negativen Partner anzustecken als umgekehrt. Bei konkordanten Paaren wird auf<br />
die Suprainfektion hingewiesen.<br />
Im Rahmen des Angebots für Betroffene, das diese Aids-Hilfe bietet (informelle Austauschtreffen)<br />
ist das Thema der Prävention kaum wichtig. Viele Benützer dieses Angebots verzichten<br />
freiwillig oder unfreiwillig auf sexuelle Kontakte und haben deswegen wenig Anlass, sich mit<br />
Prävention zu befassen. Im übrigen identifizieren sich die Benützer dieser Stelle mit den Resultaten<br />
der Untersuchungen ‘Menschen mit HIV/AIDS und ihre Sexualität’ 32 und ‘Die<br />
Bedürfnisse von Menschen mit HIV/AIDS in der Schweiz’ 33 und weisen auf diese hin.<br />
Der Gebrauch des Präventionsmaterials — Kondome werden in der infektiologischen Sprechstunde<br />
zurückhaltend abgegeben (siehe oben). Broschüren liegen an der Theke auf, eine Mitarbeiterin<br />
ist für Bestellungen verantwortlich. Sie werden selten aktiv angeboten oder empfohlen,<br />
Patienten bedienen sich bei Bedarf selber. Es wird mitgeteilt, dass “den ganz Unwissenden der<br />
Ordner angeboten” werde und dass für diejenigen, die nicht gerne lesen, die Broschüre “Was<br />
bedeuten HIV und Aids”, auch in verschiedenen Fremdsprachen, abgegeben werde. Anlässlich<br />
des HIV-Tests sind die Broschüren zwar vorhanden, werden aber auch bei dieser Gelegenheit<br />
kaum aktiv angeboten. Vom Publikum werden sie nicht selten dankend abgelehnt mit dem<br />
Hinweis, dass man schon “Bescheid wisse”. Die Infektiologische Sprechstunde betreibt auch ein<br />
Internetforum a das einige Patienten benützen, um sich zu informieren und sich untereinander<br />
auszutauschen. Von den Benützern wird dieses Angebot geschätzt. Bei der Aids-Hilfe liegen alle<br />
Broschüren auf und sie stossen bei Betroffenen auf Interesse. Neuerscheinungen werden ihnen<br />
per Post regelmässig zugestellt.<br />
Vulnerabilität — Als besonders vulnerabel werden Migranten und Migrantinnen mit HIV<br />
beschrieben, mit denen man wegen Sprachschwierigkeiten keine Kommunikation herstellen<br />
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www.infekt.ch/poc.php?switch_page=1&pageid=5&pagename=Forum&FAQs&catid=31&<br />
name=Forum&subcatid=11.<br />
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