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zeszyt nr 10/2011 - Zbliżenia Interkulturowe

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Artykuły<br />

zug niederschrieb, mögen Sie mir glauben.<br />

Es war einfach eine Öff nung der Seele für<br />

die bisher unverständliche Fremde, die mir<br />

in dieser Fremde widerfuhr.<br />

Um diesen Erinnerungsvorgang in<br />

die Wissenschaft einzuordnen, beziehe<br />

ich mich wieder auf Dietrich Krusche, der<br />

seine Ausführungen zwar auf die Rezeption<br />

fremdkultureller Literatur bezog, die<br />

jedoch ebenfalls gelesen werden können als<br />

ein Prozess der Wahrnehmung auch fremdkultureller<br />

Wirklichkeiten. Krusche führte<br />

aus, dass ein Rezipient gegenüber fremder<br />

Literatur, gegenüber Texten kulturhistorisch<br />

gesicherter Fremde, sich toleranter<br />

verhält als gegenüber der eigenen durch<br />

keinen Abstand gesicherten Literatur. Der<br />

Leser ist zu einem größeren Risiko bei der<br />

Verknüpfung des Gelesenen mit eigener<br />

Lebenserfahrung und bei der Realisierung<br />

des „ästhetischen Wertes“ bereit; denn er<br />

„erwartet weniger Bestätigung, dafür mehr<br />

Überraschung; Nichtverstehen löst weniger<br />

Irritation aus, eher Neugier“, und „wir sind<br />

gelassener uns selbst gegenüber, wenn die<br />

Inkompetenz, die wir dem Text gegenüber<br />

an uns erleben, „nur“ eine des Vorwissens,<br />

der Vorbildung, der kulturellen „Programmierung“<br />

ist.“ 32 Wir können uns durch diese<br />

entspannte Lesesituation mehr darauf<br />

einlassen, auf Anzeichen zu achten, die sich<br />

unserem Verständnis sperren, ihm Schwierigkeiten<br />

bereiten, unserer Wahrnehmung<br />

problematisch erscheinen. Gelassenheit,<br />

Empathie, Öff nung der Seele verursachen<br />

Angstfreiheit und ein entspanntes Verhältnis<br />

zur fremden Wirklichkeit.<br />

32 Krusche, Dietrich: Lese-Unterschiede. Zum interkulturellen<br />

Leser-Gespräch. In: Das Fremde und das<br />

Eigene. Prolegomena zu einer interkulturellen Germanistik.<br />

Hrsg. Wierlacher, Alois. München (iudicium)<br />

1985, S. 369 – 390, hier: S. 369<br />

32<br />

Eines allerdings sollte nicht vergessen<br />

werden: Wenn das Lesen fremdkultureller<br />

Gegenwartsliteratur sich nur aufs<br />

Empirisch-Erfahrbare und Inhaltliche beschränkt,<br />

birgt das sicher die Gefahr, „dass<br />

die Inhalte der Texte behandelt werden wie<br />

die Inhalte der empirischen Wirklichkeit“ 33 .<br />

Swantje Ehlers hat die Gefahren eines solchen<br />

Vorgehens aus der Perspektive der<br />

Deutschlernenden aufgezeigt, die sich über<br />

deutsche Literatur landeskundliche Informationen<br />

verschaff en wollen. Nur wenn<br />

man über die landeskundliche Faktizität<br />

hinaus in den Bereich der Mentalitätsgeschichte<br />

vorstößt, die Auskunft gibt über<br />

die Lebenssituation fremder Völker, über<br />

ihre Sorgen und Nöte, über ihren Alltag,<br />

ihre Konventionen, Sitten und Gebräuche,<br />

in denen sich auch Denkformen, Gefühle,<br />

Empfi ndungen und die schon im Zusammenhang<br />

mit Max Weber berufenen<br />

Lebensmotivationen enthüllen, ist ein Zugang<br />

zum Verstehen zu erreichen.<br />

Ein letztes: die Fremde kann einem zwar<br />

ein wenig vertraut werden, sie wird letztlich<br />

jedoch immer fremd bleiben, denn „jene<br />

Vertrautheit, die das Verstehen voraussetzt,<br />

kann sich nicht einstellen, weil Lebensformen<br />

sich stets durch Abgrenzungen und<br />

nicht durch Assimilationen defi nieren.“ 34<br />

Es lässt sich also kein vorurteilsfreies Verstehen<br />

des Fremden erreichen; „die Vorurteilsstruktur<br />

des Verstehens ist prinzi-<br />

33 Ehlers, Swantje: Sehen lernen. Zur ästhetischen<br />

Erfahrung im Kontext interkultureller Literaturvermittlung.<br />

In: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache.<br />

Bd. 14 (1988), S. 171 – 197, hier: S. 171<br />

34 Brenner, Peter J.: Interkulturelle Hermeneutik.<br />

Probleme einer Th eorie kulturellen Fremdverstehens.<br />

In: Interkulturelle Germanistik. Dialog der Kulturen<br />

auf deutsch? Hrsg. Peter Zimmermann. Frankfurt/M.<br />

Bern New York Paris (P. Lang) 1971, S. 35 – 56, hier:<br />

S. 45

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