20.02.2013 Aufrufe

zeszyt nr 10/2011 - Zbliżenia Interkulturowe

zeszyt nr 10/2011 - Zbliżenia Interkulturowe

zeszyt nr 10/2011 - Zbliżenia Interkulturowe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Teksty<br />

Polen hat im wahrsten Sinne des Wortes<br />

eine bewegte Geschichte. Ländergrenzen<br />

zogen über Orte und Menschen hinweg,<br />

nahmen sie manchmal mit, manchmal<br />

nicht. Manchmal gingen die Menschen<br />

selbst, mal wurden sie gezwungen, mal wurden<br />

sie erschossen, nur weil sie zur falschen<br />

Zeit innerhalb der falschen Grenzen lebten.<br />

Die meisten deutschen Besucher Polens erfahren<br />

diese Geschichte im heutigen Westen<br />

des Landes, reisen nach Breslau, Danzig<br />

oder Posen, aber auch in die Herzkammern<br />

Polens, nach Krakau oder Tschenstochau.<br />

Die Sehenswürdigkeit dieser Orte hat sich<br />

herumgesprochen, ihr heutiger Glanz und<br />

ihre Architektur entschädigen für das, was<br />

dort einmal geschehen und in die Geschichte<br />

eingegangen ist. Der Lohn des Besuchers<br />

für den gezahlten Preis sind die mitgebrachten<br />

Fotos, das, was sich vorzeigen lässt zu<br />

Hause, Begeisterung hervorruft und Erinnerung<br />

weckt an einen schönen Aufenthalt.<br />

Der heutige Osten Polens hingegen steht<br />

im Schatten vom Rest des Landes. Polens<br />

einstige Mitte wurde zum Randgebiet.<br />

Kaum ein Ausländer kennt die Namen der<br />

dortigen Städte, kaum ein Reisender fi ndet<br />

den Weg in dieses nur dünn besiedelte<br />

Gebiet. Die Steinchen des Mosaiks scheinen<br />

in dieser Region häufi g weniger bunt<br />

und schillernd als im Zentrum oder im<br />

Westen des Landes. Die Kirchen sind kleiner,<br />

die Schlösser und Adelshäuser abgelegener.<br />

Und dennoch haben die Orte dort<br />

Geschichten zu erzählen, die ihr Aufsuchen<br />

lohnt, die den Besucher entschädigen<br />

für manche Mühen und ihn staunen lassen<br />

über das, was er dort nicht erwartet hätte.<br />

Die ersten Ölbohrungen der Welt zum<br />

Beispiel oder die Wiege des Erfi nders der<br />

Kunstsprache Esperanto. Die Atmosphäre<br />

84<br />

verschiedener und doch Seite an Seite lebender<br />

Kulturen verlieh vielen Orten eine<br />

eigenständige, unabhängige Identität, die<br />

für mich ebenso faszinierend wie bedrückend<br />

war, weil sie Fragen nach ihrer Zukunft<br />

aufwarf.<br />

Die Reise hat gehalten, was sie nicht versprochen<br />

hat: mir als eine unvergessliche<br />

Begegnung mit diesem Grenzgebiet in Erinnerung<br />

zu bleiben. Einige jener Orte, die<br />

sich mir in Ostpolen besonders eingeprägt<br />

und mir die Landschaft in eindrucksvoller<br />

Weise vor Augen geführt haben, habe<br />

ich mitgenommen, sie in Wort und Bild<br />

gefasst als Zeugnisse einer Region, die vom<br />

Reisenden manchmal nur ein wenig Zeit<br />

und Geduld erfordert. Er braucht eine gute<br />

Landkarte und fi ndet trotzdem das größte<br />

Glück dort, wo er sich verfährt. Manchmal<br />

lohnt es sich für ihn, die eigenen Pläne zu<br />

verlassen und auf Pfade abzubiegen, deren<br />

Ende er nicht kennt. Der Lohn ist ihm sicher,<br />

denn wo sonst reist man heute noch<br />

mit dem Gefühl, vielleicht der erste zu sein,<br />

der zu Hause von diesen Orten erzählt.<br />

[…]<br />

Lublin. Jüdisches Sterben<br />

Am Ende meiner Taxifahrt entlässt mich<br />

der Fahrer mit einer Entschuldigung. Die<br />

Hausnummer 9 könne er nicht fi nden, sie<br />

müsse aber hier in der Nähe sein. Zwischen<br />

7 und 11. Ich zahle und steige aus. Für den<br />

Ort, den ich suche, gibt es keine Bezeichnung<br />

mehr. Ich bin mir nicht einmal ganz<br />

sicher, ob es ihn überhaupt noch gibt.<br />

Vor dem Einmarsch der Deutschen lebten<br />

in Lublin ungefähr 40 000 Juden, also

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!