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zeszyt nr 10/2011 - Zbliżenia Interkulturowe

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Rozważania literackie<br />

nimmt sie fürchterlich Rache und lässt den<br />

Römer durch eine Bärin töten. Zur ihrer<br />

Zofe Gertrud sagt sie über Ventidius:<br />

50<br />

Hinweg! – Er hat zur Bärin mich gemacht!<br />

Arminius‘ will ich wieder würdig werden!<br />

(II, S. 388)<br />

In der Dunkelheit gibt sich Th usnelda als<br />

Gertrud aus, führt Ventidius in den Bärenzwinger<br />

und schließt die Tür zu. Er erkennt<br />

entsetzt die Bärin, Th usnelda aber, in der<br />

Rolle der Gertrud, verspottet ihn, indem<br />

sie ihm höhnisch mitteilt, es sei die Fürstin<br />

Th usnelda.<br />

die Fürstin ist’s,<br />

Von deren Haupt, der Livia zur Probe,<br />

Du jüngst die seidne Locke abgelöst!<br />

Laß den Moment, dir günstig, nicht<br />

entschlüpfen,<br />

Und ganz die Stirn jetzt schmeichelnd<br />

scher ihr ab! (II, S. 392)<br />

Sag ihr, daß du sie liebst, Ventidius,<br />

So hält sie still und schenkt die Locken<br />

dir!<br />

Sie wirft den Schlüssel weg und fällt in<br />

Ohnmacht. (II, S. 394)<br />

Die Sympathie der Frau schlägt um in einen<br />

Rausch von Hass und Rachsucht und<br />

mündet in orgiastische Bewusstlosigkeit.<br />

Natalie<br />

Beenden wir die Reihe der Frauen mit Natalie,<br />

die für Prinz Friedrich von Homburg,<br />

den sie liebt, um Gnade bittet. Der hatte<br />

eine Schlacht gewonnen, aber mit seinem<br />

Angriff gegen den Befehl des Kurfürsten<br />

verstoßen, und soll, weil er das Kriegsgesetz<br />

verletzte, mit dem Tode bestraft werden.<br />

Natalie setzt sich für ihn ein und bringt<br />

das Problem auf eine Formel, die der Weisheit<br />

letzter Schluss zu sein scheint, weil sie<br />

wunderbar unideologisch ist und die Widersprüchlichkeit,<br />

mit Kleist gesprochen:<br />

Gebrechlichkeit der Welt, akzeptiert 6 .<br />

Das Kriegsgesetz, das weiß ich wohl,<br />

soll herrschen,<br />

Jedoch die lieblichen Gefühle auch. (II,<br />

S. 474)<br />

Was Natalies Argumentation bemerkenswert<br />

macht, ist die Art, wie sie die Widersprüchlichkeit<br />

der Welt akzeptiert: Das<br />

Kriegsgesetz soll herrschen, aber auch die<br />

lieblichen Gefühle. Die Gegensätze nicht<br />

nach der einen oder anderen Seite aufzulösen,<br />

sondern sich innerhalb der großen<br />

Spannungen angemessen zu entscheiden,<br />

öff net eine interessante Spannweite freier<br />

Menschlichkeit.<br />

Fassen wir zusammen:<br />

1. Wir erleben in Kleists Dramen und Novellen<br />

extremes menschliches Verhalten,<br />

Liebe und Hass, Vertrauen und Missverständnis,<br />

Leben und Tod.<br />

2. Frauen haben die Natur und Gott bzw.<br />

dessen Engel oft auf ihrer Seite, Josephe wird<br />

6 Susanne Kaul betont, dass auch der Prinz,<br />

als er am Ende im Brief des Kurfürsten vor die Entscheidung<br />

gestellt wird, das Urteil anzunehmen oder<br />

abzulehnen, nicht aus moralischer Einsicht oder Unterwerfung<br />

unter das Kriegsgesetz, sondern aus Stolz<br />

sich entschließt, „lieber freiwillig in den Tod zu gehen<br />

als unwürdig auszusehn“ und so am Ende doch<br />

„als Sieger dasteht“ was auch Natalie beeindruckt.<br />

Susanne Kaul: Freier Tod und Autonomie. Zu Kleist<br />

und Kant, in: Sterben und Tod bei Hei<strong>nr</strong>ich von<br />

Kleist und in seinem historischen Kontext. Beiträge<br />

zur Kleist-Forschung 2004. Hrsg. v. Lothar Jordan,<br />

Würzburg 2006, S. 183

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