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zeszyt nr 10/2011 - Zbliżenia Interkulturowe

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Beate Laudenberg: Freundschaftsbeziehungen in der deutschsprachigen…<br />

rinnen stammen wie z.B. „Tränen sind immer<br />

das Ende“ (Akif Pirincci 1980) oder<br />

„Liebesmale, scharlachrot“ (Feridun Zaimoglu<br />

2000).<br />

Der Annahme, dass bei religiöser und<br />

sprachlich-kultureller Übereinstimmung<br />

die Konfl ikte, die eine Freundschaft hervorrufen<br />

kann, geringer ausfallen, widersprechen<br />

die Beispiele, die im Folgenden dargestellt<br />

werden. Es geht um Hauptfi guren,<br />

die „zu diesen Umsiedlerfamilien gehören“<br />

(Härtling S. 28) 1 , wie Bens Vater vermutet,<br />

als sein Sohn ihm von der neuen Mitschülerin<br />

Anna berichtet. Peter Härtlings Kinderbuchklassiker<br />

„Ben liebt Anna“ erschien<br />

bereits 1979 und stellt mit der ersten Liebe<br />

zweier Viertklässler auch die Probleme von<br />

Aussiedlern dar, die als Einwanderer einen<br />

Sonderstatus genießen. Denn als ehemalige<br />

deutsche Auswanderer (oder Vertriebene)<br />

erhalten sie und ihre Nachkommen<br />

aufgrund des in Deutschland (mittlerweile<br />

nicht mehr uneingeschränkt) geltenden ius<br />

sanguinis die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

(zurück) und haben Anspruch auf vielfältige<br />

Eingliederungshilfen. In den 1970er Jahren<br />

kamen die meisten Aussiedler zunächst<br />

aus Polen. Es ist Härtlings Verdienst, mit<br />

dieser Erzählung die Kinderliteratur nicht<br />

nur für die geschlechtliche Liebe geöff net<br />

und damit ein neues Sujet begründet (Barlet<br />

und Armbröster-Groh, zit. nach Giesa<br />

20<strong>10</strong>: 33), sondern auch die Aussiedlerthematik<br />

eingeführt zu haben. Letzteres ist in<br />

der Forschung, aber auch in der Didaktik,<br />

1 Härtlings Verwendung des Begriff es „Umsiedler“<br />

verdient eine eigene Betrachtung, denn die<br />

Umsiedlung als meist staatlich gelenkte Maßnahme<br />

hatte vor allem im und nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

weitreichende bevölkerungspolitische und soziale<br />

Folgen und fand auch ihren Niederschlag in der Literatur<br />

(z.B. von Arno Schmidt oder Anna Seghers).<br />

kaum berücksichtigt worden, obwohl „Ben<br />

liebt Anna“ seit Jahrzehnten einen Platz im<br />

Literaturkanon der Grundschule hat und<br />

Lehrpersonen auf Begleitmaterial zurückgreifen<br />

können, das bedauerlicherweise den<br />

Status von Anna und ihrer Familie nicht im<br />

Sinne einer interkulturellen Pädagogik und<br />

politischen Aufklärung thematisiert. Dabei<br />

bietet der Roman dazu vielfältigen Anlass,<br />

denn die Ablehnung, die Anna von ihren<br />

neuen Mitschülern und –schülerinnen erfährt,<br />

trägt ausländerfeindliche Züge:<br />

Bernhard sagte: Die kann vielleicht<br />

polnisch schreiben. Die ist überhaupt<br />

eine Polin und keine Deutsche, sagte<br />

Katja. Wahrscheinlich hat die in Polen<br />

nicht bleiben dürfen, meinte Bernhard.<br />

Wegen Dauerstinken, sagte Katja.<br />

(Härtling S.13)<br />

Da Anna somit nicht nur wegen ihrer altmodischen<br />

Kleidung und Frisur ausgegrenzt<br />

wird, erklärt der Lehrer Annas Status<br />

seiner vierten Grundschulklasse folgendermaßen:<br />

Es kann jedem von euch passieren, dass<br />

er in eine andere Stadt und in eine andere<br />

Schule kommt. Und jeder von euch<br />

wäre erst einmal fremd. Bei Anna ist das<br />

noch viel schlimmer. Sie ist in einem<br />

anderen Land, in Polen, aufgewachsen<br />

und zur Schule gegangen. Dort, in der<br />

Schule, hat sie nur polnisch gesprochen.<br />

Zu Hause deutsch und polnisch. Ihre<br />

Eltern haben in Polen gelebt, aber sie<br />

sind Deutsche. Sie haben den Antrag<br />

gestellt, in die Bundesrepublik umzuziehen.<br />

Nun sind sie da, sie wollen endlich<br />

zu Hause sein. Anna auch. Ihr macht es<br />

ihr schwer. (ebd. S.14)<br />

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