zeszyt nr 10/2011 - Zbliżenia Interkulturowe
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Rozważania literackie<br />
und seine Leute. Sie befreien Gustav, der<br />
sich aber irrtümlicherweise von Toni verraten<br />
fühlt und sie erschießt. Zu spät wird<br />
er aufgeklärt.<br />
38<br />
Adelbert und Gottfried (…) riefen dem<br />
unbegreifl ich gräßlichen Mörder zu: ob<br />
er wisse, daß das Mädchen seine Retterin<br />
sei; daß sie ihn liebe und daß es ihre<br />
Absicht gewesen sei, mit ihm, dem sie<br />
alles, Eltern und Eigentum, aufgeopfert,<br />
nach Port au Prince zu entfl iehen? (III,<br />
S. 200)<br />
„Er legte seine Arme um ihren Leib und<br />
sah ihr mit jammervoll zerrissenem Herzen<br />
ins Gesicht, ‚Ach‘, rief Toni, und dies waren<br />
ihre letzten Worte, ‚du hättest mir nicht<br />
mißtrauen sollen!‘ Und damit hauchte sie<br />
ihre schöne Seele aus.“ (III, S. 201) Daraufhin<br />
erschießt er sich selbst.<br />
Halten wir diesen Satz fest: – du hättest<br />
mir nicht mißtrauen sollen – Zur Liebe gehört<br />
für Kleist ein absolutes Vertrauen, das<br />
auch gegenüber allem äußeren Anschein<br />
standhält.<br />
Die Marquise von O.<br />
Wie aber kann man von anderen Vertrauen<br />
erwarten, wie kann man sich noch<br />
selbst vertrauen, wenn man von der Wirklichkeit<br />
widerlegt wird? Die Marquise von<br />
O… kämpft mit diesem Problem und<br />
meistert es schließlich auf eine sehr ungewöhnliche<br />
Weise. Auch hier eine unerhörte<br />
Begebenheit, deren Erzählung schon unerhört<br />
anfängt:<br />
In M…, einer bedeutenden Stadt im<br />
oberen Italien, ließ die verwitwete Marqise<br />
von O…, eine Dame von vortreff -<br />
lichem Ruf, und Mutter von mehreren<br />
wohlerzogenen Kindern, durch die Zeitungen<br />
bekanntmachen: daß sie, ohne<br />
ihr Wissen, in andre Umstände gekommen<br />
sei, daß der Vater zu dem Kinde,<br />
das sie gebären würde, sich melden solle;<br />
und daß sie, aus Familie<strong>nr</strong>ücksichten,<br />
entschlossen wäre, ihn zu heiraten.<br />
(III, S. <strong>10</strong>7)<br />
Auch diese Novelle spielt in äußerem Chaos.<br />
Feindliche Soldaten rauben, morden<br />
und vergewaltigen. Auch die Marquise von<br />
O. soll vergewaltigt werden.<br />
Man schleppte sie in den hinteren<br />
Schloßhof, wo sie eben, unter den<br />
schändlichsten Mißhandlungen, zu<br />
Boden sinken wollte, als, von dem Zetergeschrei<br />
der Dame herbeigerufen,<br />
ein russischer Offi zier erschien (…).<br />
Der Marquise schien er ein Engel des<br />
Himmels zu sein. Er stieß noch dem<br />
letzten viehischen Mordknecht, der ihren<br />
schlanken Leib umfaßt hielt, mit<br />
dem Griff des Degens ins Gesicht, daß<br />
er, mit aus dem Mund vorquellendem<br />
Blut, zurücktaumelte, bot dann der<br />
Dame, unter einer verbindlichen französischen<br />
A<strong>nr</strong>ede, den Arm, und führte<br />
sie, die von allen solchen Auftritten<br />
sprachlos war, in den anderen, von der<br />
Flamme noch nicht ergriff enen, Flügel<br />
des Palastes, wo sie auch völlig bewußtlos<br />
niedersank. (III, S. <strong>10</strong>8 f.)<br />
Ein scheinbarer Engel, eine scheinbare Rettung,<br />
eine völlige Bewusstlosigkeit – und<br />
eine neue Schwangerschaft. Von ihrem Vater<br />
verstoßen, macht sie sich fertig, mit ihren<br />
Kindern das Schloss zu verlassen, da<br />
teilt ihr der Bruder mit, der Vater verbiete<br />
ihr, die Kinder mitzunehmen.