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Germar Rudolf: Kardinalfragen zur Zeitgeschichte ...

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<strong>Germar</strong> <strong>Rudolf</strong>: <strong>Kardinalfragen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Zeitgeschichte</strong><br />

Über erkenntnisleitende Interessen bei Historikern<br />

Jeder Forscher und Wissenschaftler hat selbstverständlich seine ganz individuellen politischen und<br />

weltanschaulichen Vorstellungen. Auch angesichts der oben angeführten Mängel menschlicher<br />

Erkenntnisfähigkeit ist daher nie völlig auszuschließen, daß diese Vorstellungen auf seine<br />

Forschungen Einfluß nehmen, genauso wie es nicht auszuschließen ist, daß die Ergebnisse bzw.<br />

Erkenntnisse seiner Forschung Einfluß auf seine weltanschaulichen Perspektiven nehmen. Anderes zu<br />

fordern hieße, den Wissenschaftler zu einer gefühllosen Maschine zu degradieren, die außer ihrem<br />

Forschungsprojekt nichts sonst in der Welt registriert. Gerade bei den offensichtlich politisch<br />

relevanten Wissenschaften, wie der Politologie, der Soziologie oder der Geschichtswissenschaft, kann<br />

niemand von sich behaupten, er würde völlig unvoreingenommen an seine Materie gehen, denn allein<br />

schon sein durch Familie, Schule, Studium und Beruf erworbenes Vorwissen sowie die in jeder<br />

Gesellschaft dominierenden Wertvorstellungen über das jeweilige Forschungsobjekt beeinflussen die<br />

Perspektive jedes Forschers.<br />

Unvoreingenommen an die Epoche des Dritten Reiches heranzutreten hieße für einen Historiker z.B.,<br />

daß er zu Beginn seiner Forschung durchaus offen lassen müßte, ob es sich bei dem damaligen<br />

politischen System mit seinem historischen Wirken um eine positive oder negative Größe handelt.<br />

Dies um so mehr, als diese moralische Wertung ein auch unter Historikern mitunter umstrittenes<br />

Ausgreifen auf ethische und damit philosophische Bereiche der Wissenschaft darstellt. Doch welcher<br />

Historiker würde heute beim Ausgangspunkt seiner Untersuchungen bezüglich des Dritten Reiches<br />

ohne inhaltliche und moralische Vor-Urteile sein?<br />

Gerade bezüglich des Dritten Reiches herrscht besonders, aber nicht nur, in Deutschland die<br />

Auffassung vor, man dürfe sich auch nicht in Einzelaspekten zu einer Verständlichmachung oder gar<br />

Rechtfertigung des damaligen Geschehens hinreißen lassen. Die moralische Entrüstung und der<br />

nachträgliche Widerstand bzw. die präventive Abschreckung gegen eine eventuelle Wiederkehr des<br />

damaligen Schreckens müßte immer im Vordergrund stehen.<br />

Der Historiker Dr. Rainer Zitelmann hat in dem Buch Die Schatten der Vergangenheit[4] erläutert,<br />

warum diese Einstellung zu unserer Geschichte und diese Auffassung der Geschichtswissenschaft<br />

falsch ist. Sie sollen hier sinngemäß wiedergegeben und ergänzt werden. Wie in jeder Wissenschaft so<br />

liegt es auch in der Aufgabe der Geschichtswissenschaft, die Wahrheit herauszufinden oder sich ihr<br />

doch so gut wie möglich zu nähern. Behindert wäre die Suche nach der Wahrheit ohne Zweifel durch<br />

emotionale Befangenheit der Wissenschaftler. Deshalb aber zu fordern, daß Wissenschaftler<br />

emotionslos sein müssen, ist unmenschlich, da menschenunmöglich, und würde in anderen Bereichen<br />

von der Gesellschaft auch niemals akzeptiert werden, etwa bei der Frage der Tierversuche.<br />

Sichergestellt werden muß vielmehr einerseits, daß die Wissenschaftler trotz ihrer Emotionen die<br />

Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens nicht verletzen. Andererseits ist dafür Sorge zu tragen, daß<br />

keine Seite der anderen ihre Emotionalität zum Vorwurf macht oder dies gar zum Anlaß genommen<br />

wird, eine bestimmte Gruppe von Wissenschaftlern aus dem Diskurs auszugrenzen, solange die<br />

Kriterien wissenschaftlichen Arbeitens eingehalten werden. Im wissenschaftlichen Diskurs hat das<br />

Argument zu interessieren und nicht der emotionale Hintergrund.<br />

http://vho.org/D/Kardinal/Erkenntnis.html (5 von 53) [31.07.2004 01:03:30]

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