Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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Nein, sagte Michel, darauf gewiss nicht.<br />
Danach schwiegen sie lange, sahen sich nur an, und Andreas musste re<strong>de</strong>n und fragen.<br />
Dann hören sie <strong>de</strong>m Heinrich Marten zu; er läuft im Zimmer hin und her und erzählt <strong>von</strong><br />
Paris. Seine Augen glühen fiebrig, mit fahrigen Handbewegungen unterstreicht er seine<br />
Sätze. Die Jakobiner wer<strong>de</strong>n Frankreich retten, sagt er. Vor <strong>de</strong>n Verrätern, vor <strong>de</strong>n<br />
Aufständischen, vor <strong>de</strong>n Preußen und Österreichern und Russen und Englän<strong>de</strong>rn. Ja, sie<br />
kehren mit eisernen Besen. Mit blutigen Besen. Die Guillotinen kommen nicht zur Ruhe. Und<br />
es gibt nieman<strong>de</strong>n, nieman<strong>de</strong>n gibt es, <strong>de</strong>r ohne Furcht vor <strong>de</strong>r Guillotine sich abends ins<br />
Bett legen kann. Doch wenn etwas Frankreich vor <strong>de</strong>m Untergang retten kann, dann dies.<br />
Nur, was kann die Jakobiner vor <strong>de</strong>m Untergang retten?<br />
<strong>Das</strong> versteht ihr nicht? <strong>Das</strong> könnt ihr auch nicht verstehen, wenn ihr erst ein paar Tage hier<br />
seid. Da müsst ihr erst die Schlangen <strong>de</strong>r hungern<strong>de</strong>n Weiber vor <strong>de</strong>n Brotgeschäften<br />
gesehen haben. O<strong>de</strong>r besser: Ihr müsst euch dazugestellt haben. Niedrige Festpreise und<br />
Einschränkung <strong>de</strong>s Eigentums - das for<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Priester Jaques Roux, und seine Anhänger<br />
nennt man die Wüten<strong>de</strong>n. Jaques Roux ...<br />
Plötzlich schweigt er, unterbricht seine Zimmerwan<strong>de</strong>rung, starrt finster vor sich hin. Sagt<br />
dann: Sie wer<strong>de</strong>n ihn guillotinieren, unseren Jaques. Sie wer<strong>de</strong>n es müssen, sonst rücken<br />
die Besitzen<strong>de</strong>n <strong>von</strong> ihnen ab - ach, was re<strong>de</strong> ich, sie sind doch selbst Besitzen<strong>de</strong>. Keine<br />
großen, das nicht. Aber Eigenes haben sie fast alle ... Und Marat ist tot. Ta, sie wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>n Jaques Roux wohl guillotinieren müssen. Dabei hat er recht. Er ist <strong>de</strong>r einzige, <strong>de</strong>r<br />
recht hat. Der einzige, <strong>de</strong>n man hier lieben muss.<br />
Und Robespierre? fragt Michel.<br />
Robespierre muss man bewun<strong>de</strong>rn, sagt Heinrich. Lieben kann man ihn nicht. Aber ich<br />
wer<strong>de</strong> ihn auch nicht hassen können, wenn er <strong>de</strong>n Jaques getötet hat. Denn er muss es tun.<br />
Wenn er hat? Du re<strong>de</strong>st, als hätte er es schon getan, sagt Andreas erschrocken.<br />
Ja, sagt Heinrich. Im Grun<strong>de</strong> hat er es schon getan. Ich sehe es.<br />
Dann wer<strong>de</strong>n auch seine Anhänger verfolgt wer<strong>de</strong>n, sagt Andreas.<br />
Ja, sagt Heinrich. Ich wer<strong>de</strong> dann <strong>von</strong> hier fort müssen. Wer<strong>de</strong> fliehen müssen vor <strong>de</strong>r<br />
Revolution, die doch meine Revolution ist!<br />
Er lacht plötzlich wie über einen guten Scherz, ein lautes, hartes, bitteres Lachen.<br />
Kalt wur<strong>de</strong> mir bei diesem Lachen, dachte Andreas, eiskalt, und <strong>de</strong>m Michel ging es<br />
ebenso, bei<strong>de</strong> hatten wir es plötzlich eilig, <strong>von</strong> ihm fortzukommen ... fortzukommen ...<br />
Da schlug die Turmuhr siebenmal.<br />
Da versank Andreas Suhrbier aus <strong>de</strong>m Wachtraum in <strong>de</strong>n wirklichen Traum. In die Kammer<br />
stürzt <strong>de</strong>r Tischler Carnette - es ist aber das Zimmer auf Schloss <strong>Bernsdorf</strong>, in <strong>de</strong>m<br />
Andreas jetzt mit <strong>de</strong>m Vater schläft -, und erregt, nicht ohne zustimmen<strong>de</strong> Genugtuung in<br />
<strong>de</strong>r Stimme, ruft <strong>de</strong>r Alte: Gera<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> Jaques Roux verhaftet, sie suchen nach seinen