Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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Zukunft weissagen, durch eine Somnambule, hörst du?<br />
Nun sieht Michel ihn aufmerksam an. Er wun<strong>de</strong>rt sich nicht über das Wort, das Janke recht<br />
vorsichtig skandiert hat, es ist ihm geläufig, er hat in <strong>de</strong>n letzten Wochen etliche Bücher aus<br />
<strong>de</strong>m Schrank <strong>de</strong>s Herrn Pfarrer studiert, Bücher über Magnetismus und Hypnose und<br />
Weissagung und Geisterbeschwörung. Er sieht also aufmerksam in Jankes run<strong>de</strong>, ein wenig<br />
vorquellen<strong>de</strong> helle Augen, und seltsamerweise fällt ihm ein, während er ganz sachlich fragt,<br />
wer <strong>de</strong>nn die Somnambule sein wer<strong>de</strong>, dass dieser Janke kaum noch an <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />
erinnert, <strong>de</strong>r ihn vor Jahren aus <strong>de</strong>m Wasser gezogen hat. Als hätte er eine Maske über<br />
sein Gesicht gezogen, <strong>de</strong>nkt Michel, aber doch nicht erst heute, seit wann <strong>de</strong>nn, und warum<br />
sehe ich das heute zum ersten Mal ...<br />
Trotz dieser Überlegungen hört er Jankes Antwort, und sie gefällt ihm nicht. Die Baronin,<br />
flüstert Janke, nicht triumphierend, eher schuldbewusst, Michel wun<strong>de</strong>rt sich darüber, <strong>de</strong>nkt<br />
aber nicht weiter darüber nach, <strong>de</strong>nn Henriettes Worte sind ihm eingefallen: Sie ist ihnen<br />
verfallen ..., willenlos gemacht ... Und nun - Zukunft weissagen, die Baronin.<br />
Und wir dürfen zuhören?<br />
Janke nickt. Wenn ihr euch ruhig verhaltet, sagt er und verschwin<strong>de</strong>t im Terrassenzimmer.<br />
Der kurze Disput mit Henriette, bevor sie ihm nachgehen.<br />
Ich halte das nicht aus, Michel, ich wer<strong>de</strong> dazwischenschreien, bestimmt. Und du wirst<br />
wie<strong>de</strong>r schrecklich beeindruckt sein. Wirst ihnen wie<strong>de</strong>r alles glauben. Komm, Michel, wir<br />
gehen nicht hinein.<br />
Doch, wir gehen, Henriette. Wir müssen das sehen. Ich will es wissen, alles. Und du doch<br />
auch, nicht? Und wir wer<strong>de</strong>n sehen, ob etwas daran ist o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Wenn ich nicht mitkomme, gehst du trotz<strong>de</strong>m?<br />
Er zögert keine Sekun<strong>de</strong> mit seinem Ja.<br />
Sie senkt <strong>de</strong>n Kopf. Wirft dann mit <strong>de</strong>r üblichen energischen Bewegung die Zöpfe nach<br />
hinten und sagt: Also gut, komm.<br />
Halbdunkel im Zimmer. Die Nachmittagssonne ist ausgesperrt, nicht nur durch die hohen<br />
Bäume hinter <strong>de</strong>r Terrasse, die jetzt voll im Laub sind, son<strong>de</strong>rn auch durch grüne<br />
Samtvorhänge.<br />
Auf <strong>de</strong>m Sofa hinter <strong>de</strong>m Ecktisch: Pfarrer Kienast und Dorothea. Auf <strong>de</strong>m Stuhl davor:<br />
Janke. Und nun Michel Marten und Henriette, sie wer<strong>de</strong>n durch eine Kopfbewegung Jankes<br />
auf die Stühle in <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Zimmerecke verwiesen. Leise steht dann auch er auf,<br />
schleicht auf Zehenspitzen zu ihnen, sein großer Körper schwankt dabei ungeschickt hin und<br />
her, Michel sieht, dass Henriette sich auf die Lippen beißt, um nicht zu lachen. Janke setzt<br />
sich neben Henriette, etwas zu dicht neben sie, Michel stellt es mit Unbehagen fest.<br />
Mit Unbehagen betrachtet er auch die Baronin und <strong>de</strong>n Pfarrer. Sie re<strong>de</strong>n halblaut<br />
miteinan<strong>de</strong>r, man versteht nichts. Aber Michel hat <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlichen Eindruck, dass nur Kienast<br />
die Frau ansieht, ihr Blick dagegen <strong>von</strong> ihm festgehalten wird. Denn sie sieht nicht, sie starrt<br />
ihn an, unbeweglich die geweiteten Pupillen.