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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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und je<strong>de</strong>m Schulmeister verbietet, die Schrift auszulegen mithilfe ihrer eigenen Köpfe, das<br />

sie verpflichtet, gegen die Irrlehren <strong>de</strong>r Aufklärer zu eifern vom frühen Morgen bis zum<br />

späten Abend - dieses Gesetz existierte für ihn nicht. Sogar vom Totengräber Preußens<br />

sprach er. Wer wusste nicht, wen er meinte?<br />

<strong>Das</strong> Dorf hatte es gehört. <strong>Das</strong> Schloss hatte es gehört. Die Spione hatten es gehört.<br />

Drei Tage später kam <strong>de</strong>r Bote: Mathias Schulz wur<strong>de</strong> vor Wöllners Inquisition gela<strong>de</strong>n.<br />

Mathias Schulz kam nie wie<strong>de</strong>r.<br />

Du kennst ja die knappen Nachrichten, die Friedrich mitbrachte: Er war unbelehrbar. Er<br />

beugte sich auch nicht <strong>de</strong>mütig <strong>de</strong>r Strafe, <strong>de</strong>r Kerkerhaft. Er floh. Sie hetzten ihn, sie<br />

fan<strong>de</strong>n ihn, er starb nach drei Tagen Gefangenschaft. Freiwillig starb er.<br />

So viel weiß ich, Michel, aber nichts versteh ich. Und am wenigsten versteh ich dich ...<br />

Sie gehen nebeneinan<strong>de</strong>r vom Friedhof, Hand in Hand, trotz<strong>de</strong>m ist je<strong>de</strong>r mit seiner<br />

Einsamkeit allein. Ich versteh dich nicht, Michel, sagt sie. Er antwortet nicht.<br />

Wohin gehst du jetzt?<br />

Er sieht sie unschlüssig an. Wohin soll ich gehen, zu euch doch, sagt er langsam, Janke<br />

sagte, ich soll aufs Schloss kommen, nach <strong>de</strong>m Begräbnis, er wird's inzwischen mit <strong>de</strong>iner<br />

Tante ausgemacht haben, dass ich bleiben darf. Ganz, verstehst du? Bin ja schon lange<br />

mehr bei euch als im Schulhaus.<br />

Sie schweigt, nickt nicht, schüttelt nicht <strong>de</strong>n Kopf.<br />

Henriette, sagt er erschrocken, willst du's nicht auch? Sind wir nicht Freun<strong>de</strong>, wir drei?<br />

Ich weiß nicht, sagt sie. Ist das so einfach? Ich weiß nichts mehr, Michel. Vor allem nicht,<br />

wer du bist.<br />

Ich bin ich, sagt er. Ich bin, wer ich immer war.<br />

Mach dir doch nichts vor, Michel, sagt sie traurig. Was suchst du bei Janke? Bei Kienast?<br />

Bei <strong>de</strong>r Tante?<br />

Ablehnend sagt er: Die Tante, die Baronin, lass aus <strong>de</strong>m Spiel. Ach, die Tante, sagt<br />

Henriette. Die Tante ist schon gut. Aber sie ist ihnen verfallen. Ich weiß nicht, wodurch. Sie<br />

haben ihr <strong>de</strong>n Willen genommen, Michel. Und sie sind dabei, ihn dir auch zu nehmen. Dieser<br />

Kienast ist mir unheimlich. Überleg doch nur, Michel, wie er predigt. Hat <strong>de</strong>in Großvater je<br />

so gere<strong>de</strong>t, dass alle wie gebannt saßen und zitterten und heulten ohne Grund und nichts<br />

mehr <strong>de</strong>nken konnten und gar nicht wussten, was mit ihnen geschehen war? Joachim freut<br />

sich, dass er diesen Herbst nach Jena zum Studium darf, dass er hier herauskann. Wie ich<br />

ihn benei<strong>de</strong>, Michel! Und dich wer<strong>de</strong>n sie willenlos machen wie die Tante, dann kannst du<br />

an Friedrichs Stelle treten, wenn er erst ganz am Hofe bleibt, kannst ihnen <strong>de</strong>n Handlanger<br />

machen bei ihren Experimenten. Dann sind wir keine Freun<strong>de</strong> mehr, Michel. Was wird<br />

dann?<br />

Ihre Stimme zittert, er begreift, dass sie gleich weinen wird. Er lacht plötzlich leise. Hast du

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