Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

esseren Bund zu begründen zu Deutschlands Errettung.
Ein fanatischer Glanz ist in den schmalen Augen des Professors, scharf sieht er sie alle der
Reihe nach an.
Mir ist, meine Freunde, sagt er, als hätte ich heute den Kern dieses Geheimbundes
gefunden, der aus Süddeutschland hervorbrechen wird. Was jetzt not tut, ist folgendes (er
wirft den Kopf zurück, spreizt mit der rechten Hand einen Finger der linken nach dem
anderen ab, er mag sich in einem Kolleg wähnen, denkt Michel, und er wundert sich über
die Distanz, mit der er das denkt) : Wir brauchen erstens einen Namen. Zweitens ein
sichtbares, aber gut zu verbergendes Erkennungszeichen. Drittens Statuten. Viertens einen
Plan. Fünftens Mitglieder.
Die Finger seiner linken Hand sind hoch aufgerichtet. Dann lässt er die Hand sinken. Nun?
fragt er und sieht sie forschend an. Reibt sich dabei die Hände.
Menschheitsbund, sagt Alois. Er sagt es so rasch und sicher, als sei er sich des Namens
schon lange gewiss.
Gut. Der Professor nickt anerkennend. Oder hat jemand einen besseren Vorschlag? Nicht.
Also Menschheitsbund. Und das Erkennungszeichen?
Die Idee kommt Michel Marten ganz plötzlich, und fast im gleichen Moment hat er die Fahne
unter dem Hemd hervorgezogen. Sie sehen ihn fragend an.
Ich meine, sagt er leise, wir könnten sie in viele Teile zerschneiden. Jeder nimmt ein Stück
davon. So als Ganzes, da kann ich sie doch nirgends lassen.
Der Professor zögert. Bauernkriegsfahne, murmelt er. Jawohl, sagt Heinrich Marten, das ist
gut. Denn die Bauern, das sind die meisten von denen, die wir Volk nennen.
Jaja, sagt der Professor widerstrebend, aber sie, die Bauern, können die Revolution nicht
machen, auch das sogenannte Volk nicht. Nur die Männer des Geistes sind dazu in der
Lage. Darüber dürft ihr euch nicht täuschen, Freunde. Doch sei es, wie dieser junge Freund
vorschlägt. Zerteilen wir das symbolische Tuch. Jeder von euch ein Stück. Die übrigen
Stücke gebt ihr mir und dem Alois. Ich werde sie verteilen, wenn ich unserem
Menschheitsbund neue Freunde gewonnen habe unter den Studenten und Professoren von
Wetzlar und Gießen. Alois wird an unserer hiesigen Lehranstalt das gleiche tun. Und ihr?
Habt ihr im Preußischen und Sächsischen keine Freunde unter den Studenten und
Professoren?
Jena, sagen Andreas und Michel gleichzeitig. Und beide denken sie an Joachim, den sie
dort wähnen, an Professor Hauschildt, an Marianne. Und an den Professor Fichte.
Gut, gut, sagt der Professor, tut, was in euren Kräften steht. Damit hätten wir auch Punkt
fünf erledigt. Unter Auslassung von Punkt drei kommen wir nunmehr zu viertens: Plan. Was
schlagt ihr vor?
Die Vorbereitung der Revolution in ganz Deutschland, sagt Heinrich. Andreas nickt, Michel
nickt. Alois sieht den Professor unsicher und abwartend an.
Dazu eine Zeitschrift, sagt Heinrich, die wir drei in Erfurt herausbringen wollen.