23.11.2013 Aufrufe

Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wer ist <strong>de</strong>nn das Volk, ruft Andreas, nein, Heinrich. Wir müssen <strong>von</strong> Frankreich berichten,<br />

müssen die Lügen fortfegen mit unserer Zeitung, die Lügen, die hier über Frankreich<br />

verbreitet wer<strong>de</strong>n. Kein Verbrechen lassen diese Zeitungsschmierer aus, das sie nicht <strong>de</strong>n<br />

Jakobinern in die Schuhe schieben. Teufel in Menschengestalt sind wir Jakobiner, will man<br />

ihnen glauben. Und was bleibt <strong>de</strong>n Deutschen übrig, als zu glauben, wenn niemand die<br />

Wahrheit sagt? <strong>Das</strong> größte Verbrechen <strong>de</strong>r Jakobiner soll es sein, <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n zu wollen -<br />

haben wir’s nicht gestern in diesem Wiener Schmierblatt gelesen? Damit, Heinrich,<br />

erreichen wir die, die du Volk nennst, nichts ist doch leichter, als ihnen zu erklären: Jawohl,<br />

Frie<strong>de</strong>n wollen die Jakobiner. Und warum ist das ein Verbrechen? Und wer hin<strong>de</strong>rt sie<br />

daran? Wer zwingt sie, Krieg zu führen? Die Preußen, Österreicher, Englän<strong>de</strong>r, Russen?<br />

Nein, dreimal nein! Die Herrscher dieser Län<strong>de</strong>r, die Fürsten Europas!<br />

Andreas re<strong>de</strong>t mit Pathos, er merkt nicht, was die an<strong>de</strong>ren lange bemerkt haben:<br />

Menschen sammeln sich um sie, seine lei<strong>de</strong>nschaftliche Re<strong>de</strong> wird <strong>von</strong> vielen Ohren<br />

aufgenommen.<br />

Michel sieht sich unruhig um, räuspert sich, schließlich stößt er Heinrich an, <strong>de</strong>r ganz<br />

versunken ist in diese Re<strong>de</strong>, er schreibt sie hastig mit, sein Gesicht leuchtet - Stolz <strong>de</strong>s<br />

Lehrers auf <strong>de</strong>n Schüler, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m er sich überflügelt glaubt. Seid ihr <strong>de</strong>nn lebensmü<strong>de</strong>, um<br />

Gottes willen, flüstert Michel, <strong>de</strong>nkt ihr <strong>de</strong>nn, auch nur einer dieser Menschen wird für uns<br />

eintreten, wenn man uns hier festnehmen will?<br />

Da kommt auch schon Unruhe unter die Zuhörer, einige entfernen sich, jemand zieht Michel<br />

am Ärmel, kommt schnell, flüstert eine Stimme, eine Hand schiebt ihn unter die Menge,<br />

hinter ihm Heinrich und Andreas, auch dieser Alois, durch ein Gewirr kleiner Gassen laufen<br />

sie und sitzen bald danach in einer verräucherten Gaststube. Durch bunte Fensterscheiben<br />

dringt nur gedämpftes Licht auf die sauber gescheuerten Holztische, <strong>de</strong>r Wirt stellt<br />

ungefragt fünf Gläser Rotwein vor sie hin, und jetzt erst sehen sie sich <strong>de</strong>n Menschen<br />

genauer an, <strong>de</strong>r sie hierhergeführt hat.<br />

Ein unscheinbarer Mensch. Schmalgesichtig, blass, mit schütterem dunklem Haar. Ein<br />

Büchermensch, <strong>de</strong>nkt Michel.<br />

Hätte ich dich nicht erkannt, Alois, sagt <strong>de</strong>r Mensch, ich hätte diese Leute für Provokateure<br />

gehalten. Wie kann man aber auch so unvorsichtig sein. Es ist so gut wie sicher, dass <strong>de</strong>s<br />

Bischofs Gendarmen schon jetzt die Stadt nach euch durchsuchen.<br />

Alois wird rot und senkt schuldbewusst <strong>de</strong>n Kopf. Hebt ihn aber gleich wie<strong>de</strong>r. <strong>Das</strong> ist<br />

Professor Effenberger, sagt er, bei <strong>de</strong>m ich Anatomie höre.<br />

Ärgerlich winkt <strong>de</strong>r Professor ab. Namen, Namen, sagt er. Nur keine Namen nennen. Ich will<br />

die Namen <strong>de</strong>iner Freun<strong>de</strong> auch nicht wissen. Vorsicht, allergrößte Vorsicht muss am<br />

Werke sein, wenn wir etwas erreichen wollen. Was sollen diese öffentlichen Re<strong>de</strong>n. Ja, es<br />

war eine gute Re<strong>de</strong>. Aber was Deutschland not tut, ist etwas an<strong>de</strong>res. Geheimbün<strong>de</strong> tun<br />

Deutschland not, die im Verborgenen wirken, aus <strong>de</strong>m Verborgenen losschlagen;<br />

urplötzlich, wie entfesselte Naturgewalten wer<strong>de</strong>n sie Deutschland erneuern. Die<br />

Freimaurerlogen sind durchsetzt <strong>von</strong> Fürstengeschmeiß und Spitzeln. Der Illuminatenor<strong>de</strong>n<br />

ist in Auflösung begriffen. Irgen<strong>de</strong>twas sagt mir, dass ich berufen bin, einen an<strong>de</strong>ren,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!