23.11.2013 Aufrufe

Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Also, sagte Michel Marten, was sagst du „<strong>de</strong>in Baron“, Lemke-Karl-Wilhelm, mein Baron ist<br />

das ganz und gar nicht. War’s auch noch nie. <strong>Das</strong> wisst ihr ja wohl alle.<br />

Sie nickten nicht. Sie wi<strong>de</strong>rsprachen aber auch nicht.<br />

Und was das Oktoberedikt betrifft, da hat dieser Soldat nicht gelogen. Und ihr dürft es euch<br />

nicht gefallen lassen, dass <strong>de</strong>r Baron es euch verheimlicht. Die Erbuntertänigkeit in Preußen<br />

ist aufgehoben, das ist Gesetz seit <strong>de</strong>m Oktober.<br />

Erklär’s uns! verlangte August Lemke, ohne Feindschaft in <strong>de</strong>r Stimme, aber ungeduldig.<br />

Was gibt’s da viel zu erklären, sagte Michel unwillig.<br />

Mit <strong>de</strong>m Martinitag achtzehnhun<strong>de</strong>rtzehn hört alle Gutsuntertänigkeit auf. Nach <strong>de</strong>m<br />

Martinitag achtzehnhun<strong>de</strong>rtzehn gibt es in Preußen nur freie Leute. Ihr könnt das Gut<br />

verlassen, wenn ihr das wollt. Ihr braucht keine Erlaubnis mehr zum Heiraten. Kein<br />

Gesin<strong>de</strong>zwangsdienst mehr. Dienste, Lasten und Abgaben, die bleiben noch bestehn, da ist<br />

noch nichts darüber gesagt, das soll wohl durch Loskauf geregelt wer<strong>de</strong>n, das weiß man<br />

noch nicht. Wer erbliches Land hat, ist schon jetzt ein freier Mann, seit <strong>de</strong>m Oktober schon.<br />

Nur, was mit seinen Diensten und Lasten und Abgabepflichten ist, das weiß man nicht. So<br />

ist das also.<br />

Er wun<strong>de</strong>rte sich nicht, dass kein Jubel ringsumher ausbrach. Schweigend stan<strong>de</strong>n sie,<br />

dachten angestrengt nach, und plötzlich fiel ihnen auf, dass die Glocke noch immer wie<br />

wütend bimmelte. <strong>Das</strong> ist noch drei Jahre hin, bis 1810, sagte langsam Karl-Wilhelm<br />

Lemke. Denn wer hat schon Erbland bei uns? Vier Bauern sind das, ganze vier. Wir sind ein<br />

Tagelöhnerdorf, Michel Marten.<br />

Ich weiß, sagte <strong>de</strong>r.<br />

Und freikaufen, sagte da einer, <strong>de</strong>r Kröger-Hannes sagte das, und <strong>de</strong>r hatte zwei Hufen<br />

Erbland, freikaufen - womit <strong>de</strong>nn? Mit <strong>de</strong>m Land? Aber was hab ich dann?<br />

Ich weiß, sagte Michel Marten leise.<br />

In drei Jahren erst? sagte August Lemke, ich will aber morgen heiraten, nicht in drei Jahren.<br />

Und die Erlaubnis hab ich vom Herrn Friedrich, weil doch <strong>de</strong>r Ta<strong>de</strong>usz Piotrowski uns<br />

verraten hat, dass <strong>de</strong>r Baron vergangenen Herbst die <strong>Bernsdorf</strong>schen Besitzungen an <strong>de</strong>n<br />

Junker Friedrich übergeben hat, in aller Stille, ja. Aber das Recht <strong>de</strong>r ersten Nacht,<br />

Herrgott, <strong>de</strong>r Baron wird es morgen for<strong>de</strong>rn, wie er’s immer gefor<strong>de</strong>rt hat, was nützt mir<br />

überhaupt dies ganze Oktoberedikt, einen feuchten Kehricht nützt es mir, er hätte es uns<br />

gar nicht zu verschweigen brauchen, <strong>de</strong>r Alte, <strong>de</strong>r ... <strong>de</strong>r ...<br />

Ich weiß, sagte Michel Marten wütend, ich weiß, aber ihr müsst for<strong>de</strong>rn, was euch zusteht,<br />

er kann nicht mehr machen, was er will, und wenn ihr mehr for<strong>de</strong>rt, müssen sie euch mehr<br />

geben, Herrgott, in Frankreich haben die Bauern die Schlösser in Brand gesteckt und die<br />

Unterlagen über ihre Unfreiheit verbrannt, da waren sie frei, versteht ihr? Und ihr wollt euch<br />

noch drei Jahre verwehren lassen, was ihr schon heute haben könntet? Viel mehr könntet<br />

ihr doch haben, wenn ihr wolltet, wenn ihr nicht wie eine geduldige Hammelher<strong>de</strong> wartetet,<br />

was irgendjemand euch gnädig gewährt! Warum, was meint ihr, warum trage ich wohl diese

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!