Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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nach Frankreich, zu Fuß, durch die Champagne, August.<br />
August nickte. Ta<strong>de</strong>usz hat uns erzählt, wie er dich in Frankfurt bei einem Flößer<br />
untergebracht hat. Auf <strong>Bernsdorf</strong>schem Holz bist du nach Stettin, ja?<br />
Plötzlich wur<strong>de</strong> August gesprächig. Zweiundneunzig, sagte er, da war viel los hier, nicht?<br />
Da hat das Fräulein Henriette geheiratet und bald danach <strong>de</strong>r Junker Herrmann, <strong>de</strong>r hat<br />
noch kurz vor <strong>de</strong>r Offensive geheiratet und dann ab in die Scheiße, hat mächtig die Ruhr<br />
gehabt, <strong>de</strong>r junge Herr, wie unsere halbe Armee, wie die Fliegen sind unsere Leute<br />
krepiert, kann ich dir sagen ... Weißt du überhaupt, wieso damals aus dieser<br />
Hamburgischen Heirat doch noch was gewor<strong>de</strong>n ist, wo doch <strong>de</strong>r gnädige Herr Baron erst<br />
so ganz dagegen war? Der Ta<strong>de</strong>usz hat’s uns ja erzählt, <strong>de</strong>r weiß über alles Bescheid, was<br />
auf <strong>de</strong>m Schloss los ist, weil doch die Herrschaften immer <strong>de</strong>nken, unsereins ist blind,<br />
stumm und taub. Die Mitgift <strong>de</strong>r gnädigen Frau Susanna war nämlich so hoch, dass damit<br />
alle Schul<strong>de</strong>n bezahlt wer<strong>de</strong>n konnten, da konnte <strong>de</strong>r Baron gar nicht an<strong>de</strong>rs, als <strong>de</strong>r Heirat<br />
zustimmen. Dazu hat <strong>de</strong>r alte Suhrbier ihm noch Geld geliehen, mit <strong>de</strong>m die Schnapsfabrik<br />
in Briesen gebaut wer<strong>de</strong>n konnte, und hat auch sonst ganz brauchbare Vorschläge<br />
gemacht, wie man aus <strong>de</strong>m Anbau dieser neuen Früchte, <strong>de</strong>r Erdtoffeln, eine Menge Geld<br />
machen könne. Nur <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r gnädigen Frau Susanna hat <strong>de</strong>m Baron nicht gepasst,<br />
damit konnte er sich nicht abfin<strong>de</strong>n, dass ein Jakobiner in die Familie kommen sollte, und er<br />
hat verlangt, <strong>de</strong>r Herr Suhrbier müsse <strong>de</strong>n Sohn verstoßen und enterben. Und <strong>de</strong>r soll das<br />
<strong>de</strong>nn wohl auch gemacht haben, nicht? Der Baron hat ja selbst damals <strong>de</strong>n Junker Joachim<br />
verstoßen, weil <strong>de</strong>r ein Revolutionsgedicht geschrieben und es auch hatte drucken lassen,<br />
in einer richtigen Zeitschrift und mit vollem Namen unterzeichnet, da hat <strong>de</strong>r alte Herr<br />
getobt, dass wir’s bis in die Ställe hören konnten, Michel Marten! Und wenn <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Junker<br />
Joachim Briefe kamen, dann mussten sie ungeöffnet verbrannt wer<strong>de</strong>n. Der Ta<strong>de</strong>usz hat<br />
aber manchmal welche abfangen können und hat sie <strong>de</strong>m Fräulein Henriette zugesteckt.<br />
Und die Baronin, die hat hinter <strong>de</strong>m Rücken <strong>de</strong>s Alten <strong>de</strong>m Junker Joachim Geld zukommen<br />
lassen, über die Bülowsche Verwandtschaft, verstehst du?<br />
Joachim ging damals nach Paris, sagte Michel. Bist du mal in Paris gewesen, August?<br />
August Lemke schüttelte langsam <strong>de</strong>n Kopf. Wie sollt ich wohl, sagte er. Als die<br />
Franzmänner uns in <strong>de</strong>r Champagne so eingeheizt hatten, dass wir schnellstens wie<strong>de</strong>r<br />
abrücken mussten, da hab ich lange in einem stinkigen Lazarett gelegen und dann ab nach<br />
Hause, war nicht mehr tauglich, hatte Glück gehabt. Wär auch nicht noch mal gegen die<br />
Franzmänner losgezogen.<br />
Warum nicht, August?<br />
Warum? - Wie fragst du <strong>de</strong>nn komisch. Weil sie mir zu sehr gefielen, weil mir ihre<br />
Revolution gefiel, zum Teufel, <strong>de</strong>nkst du <strong>de</strong>nn, ich hatte nichts gesehen in Frankreich? Hatte<br />
ihre Flugschriften nicht gelesen, in <strong>de</strong>nen über die Menschenrechte geschrieben war?<br />
Denkst du <strong>de</strong>nn, Freiheit, Gleichheit, Brü<strong>de</strong>rlichkeit - das hat mich kaltgelassen? Mich hat ja<br />
nicht mal sehr gestört, wie sie ihren dicken Ludwig geköpft haben. Wer<strong>de</strong>n schon gewusst<br />
haben, warum, dacht ich mir. Und <strong>de</strong>r Jakob Marten und <strong>de</strong>r Pfarrer Schulz, <strong>de</strong>ine<br />
Großväter, die waren mir oft eingefallen, wenn ich französische Flugblätter las. Ich dachte