davor Angst, Henriette? Nein, du, ich weiß, was ich will. Und ich weiß auch, eine ganze Weile schon, dass Janke ein Schwindler ist. Er und dieser Italiener und <strong>de</strong>r „kleine König“ und seine <strong>Bernsdorf</strong>er Kleinausgabe, dieser Kienast - Schwindler alle, Hochstapler, Henriette. Keiner hat die Materia prima bisher gefun<strong>de</strong>n. Vielleicht gibt es diese unbekannten Oberen auch gar nicht, die im Besitz <strong>de</strong>s Geheimnisses sein sollen. Vielleicht. Henriette bleibt stehen. Michel, sagt sie erschrocken, das alles weißt du, aber du spielst mit in ihrer Komödie? Ach, Michel, ich versteh dich nicht. Überlegen lächelnd sagt er: Was macht es <strong>de</strong>nn, dass sie Schwindler sind? Ich, ich,Henriette, wer<strong>de</strong> dahinterkommen. Sie sind Unwürdige, nicht begna<strong>de</strong>te, niemals wird es ihnen gelingen, mit <strong>de</strong>r Geisterwelt wirklich in Berührung zu kommen. Und darum wird das Quecksilber bei ihnen immer Quecksilber bleiben, nicht zu Silber, nicht zu Gold wer<strong>de</strong>n, schon gar nicht zur Materia prima, zum Stein <strong>de</strong>r Weisen. Und erst dann komme ich zum Lebenselexier, wenn ich die Materia prima habe, Henriette. Und <strong>de</strong>nkst du <strong>de</strong>nn, ich will das - an Friedrichs Stelle treten, Jankes Schatten wer<strong>de</strong>n? Irgen<strong>de</strong>ine Leiter hochklettern, vielleicht bei Jankes Freun<strong>de</strong>n in Berlin? Jankes Traum ist das sicher; und auch dieser Kienast - Pfarrer in <strong>Bernsdorf</strong> will <strong>de</strong>r gewiss nicht bleiben, <strong>de</strong>r ist doch auf Macht aus, <strong>de</strong>r wird sich nie damit begnügen wollen, in <strong>Bernsdorf</strong> kleine Politik zu machen, eines Tages wird er mit <strong>de</strong>n Großen die Karten mischen wollen. Aber das will ich doch nicht, Henriette. Ja, was willst du <strong>de</strong>nn, Michel? Was? Natürlich die Wahrheit fin<strong>de</strong>n, sagt er erstaunt, was <strong>de</strong>nn sonst? Vor <strong>de</strong>m Tor bleibt Henriette stehen. Michel, sagt sie, die ganze Zeit <strong>de</strong>nke ich schon: Bevor wir hineingehen, müsstest du für <strong>de</strong>ine Großväter spielen. In <strong>de</strong>r Kirche, ja? Komm. Ich tret dir auch <strong>de</strong>n Blasebalg. Wie lange hast du nicht mehr gespielt, Michel? Sie re<strong>de</strong>t mit leiser Stimme auf ihn ein, er sieht unschlüssig auf seine Zehenspitzen, er nickt wi<strong>de</strong>rstrebend. Da kehren sie um und gehen <strong>de</strong>n Weg zurück - auf <strong>de</strong>n Friedhof, am frischen Grab <strong>de</strong>s alten Marten vorbei, durch eine Seitentür in die Kirche; <strong>de</strong>n Schlüssel trägt Michel bei sich, immer, niemand weiß das, nur er und Henriette. Sie steigen die schmale Treppe zur Orgel hinauf, Michels Hän<strong>de</strong> streichen über die kalten Tasten. Langsam, wie zögernd, zieht er die Register. Henriette, am Blasebalg, müht sich sehr ab bei <strong>de</strong>r ungewohnten Tätigkeit. Sie horcht gespannt auf <strong>de</strong>n ersten Ton, vergisst dann fast ihre Aufgabe, weil die Töne <strong>von</strong> ihrem ganzen Körper Besitz ergreifen, dass sie zu zittern beginnt: Unirdische, übermenschliche, geheimnisvolle Gewalten fallen, aus grundloser Tiefe kommend, über sie her, was ist das, fragt sie sich erschüttert, er spielt seine Geister, <strong>de</strong>m Schicksal liefert er uns aus, hab ich ihn darum hierhergebracht ..., und nun sanfte, beruhigen<strong>de</strong> Verheißungen, o diese gütige göttliche Gna<strong>de</strong>, ich will mich aber nicht besänftigen lassen, Michel, auch nicht <strong>von</strong> dieser überirdischen Schönheit, ich will nicht, will nicht, will nicht - sie <strong>de</strong>nkt es in <strong>de</strong>m Rhythmus, in <strong>de</strong>m ihr Fuß auf <strong>de</strong>n Blasebalg tritt. Dann zuckt sie zusammen. Was war das, ist aus <strong>de</strong>inem Schicksal nun Auflehnung gewor<strong>de</strong>n, endlich, ja, zieh nur alle Register, ich halt
schon mit (dabei könnt ich auf <strong>de</strong>r Stelle atemlos umfallen), lehn dich nur auf, du sollst nicht im Staub liegen vor irgen<strong>de</strong>inem göttlichen Schicksal, du nicht, das ertrag ich nicht. Nun die Fuge. Unbeschwert und heiter. Und das heute ..., was <strong>de</strong>nkst du, Michel Marten? Und was ist das in mir: diese Spannung bis in die Fingerspitzen, bis in die Fußspitzen ... Als sie die schmale Treppe wie<strong>de</strong>r hinuntersteigen, hält sie ihn noch einmal zurück. Sagt nichts. Sieht ihn nur an, ratlos, forschend. Er hält <strong>de</strong>n Blick lange aus, weniger ratlos, staunend aber. Sie sind <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Musik erfüllt und <strong>von</strong>einan<strong>de</strong>r, sie sind sich nicht bewusst, dass ihre Lippen sich suchen und fin<strong>de</strong>n, dass sie auf einer <strong>de</strong>r Treppenstufen sitzen, und erst, als sie <strong>von</strong>einan<strong>de</strong>r lassen, sehen sie sich verwun<strong>de</strong>rt an, fragen stumm: Was ist das? Haben keine Antwort. Wollen keine Antwort. Und ein wenig bang, ein wenig erstaunt, aber sehr froh sagt Henriette, ganz ernsthaft sagt sie: Jetzt hast du mich verzaubert, glaub ich. Da schüttelt er <strong>de</strong>n Kopf und sagt, ebenso ernsthaft: O<strong>de</strong>r du mich? Und nun gehen sie wirklich. Ins Schloss. Es ist ein an<strong>de</strong>rer Weg, <strong>de</strong>n sie gehen. Ein an<strong>de</strong>rer Friedhof. An<strong>de</strong>re Gräber. Eine an<strong>de</strong>re Mauer. Ein an<strong>de</strong>res Tor. Ein an<strong>de</strong>res Schloss. Als sie die Treppen hochsteigen, <strong>de</strong>nkt Henriette: Er hat gar nicht für die Großväter gespielt, son<strong>de</strong>rn für mich. Und eigentlich wollte ich das auch ... Aber sie <strong>de</strong>nkt es ohne Schuldgefühl und ohne Reue.
- Seite 2 und 3: Impressum Elke Nagel (Willkomm) Das
- Seite 4 und 5: 1. Kapitel 1 Die Glocke. Hörst du,
- Seite 6 und 7: Etüden, Präludien und Toccaten, d
- Seite 8 und 9: 2 Hinter den letzten, scheppernden
- Seite 10 und 11: Sie warf ihm einen spöttischen Bli
- Seite 12 und 13: 3 „Und hat ein Blümlein bracht .
- Seite 14 und 15: 4 Jetzt war sie weit entfernt von s
- Seite 16 und 17: Inzwischen haben Sie sich in Ihre U
- Seite 18 und 19: 5 Sie spielt mit den Vettern hasche
- Seite 20 und 21: Soll er doch beweisen, was er behau
- Seite 22 und 23: sie eben für ihr seelisches Gleich
- Seite 24 und 25: 6 Henriette zuckte zusammen, als Jo
- Seite 26 und 27: er aus dem Schatten des anderen her
- Seite 28 und 29: Da erstarrten alle in Erwartung ein
- Seite 30 und 31: 7 Ein kühler, früher Morgen. Herb
- Seite 32 und 33: Schließlich ist der Inspektor gega
- Seite 34 und 35: Der Baron? Ja gewiss, der. Aber was
- Seite 36 und 37: 2. Kapitel 1 Mit hängenden Schulte
- Seite 38 und 39: das Kienast zusammenzucken ließ -
- Seite 40 und 41: Aber neugierig war ich. Ich wollte
- Seite 42 und 43: den Traum: „Der Orden der Rosenkr
- Seite 46 und 47: 3 Wie lange schwieg die Orgel schon
- Seite 48 und 49: Aber Janke wollte Macht und Reichtu
- Seite 50 und 51: Das Gespräch wird mehr und mehr zu
- Seite 52 und 53: ehrlichem Herzen die absolute Wahrh
- Seite 54 und 55: 4 Eine Woche nach der Beerdigung Ja
- Seite 56 und 57: kämen dabei auch ein. Zu allem nic
- Seite 58 und 59: Schulen“, es wird Sie interessier
- Seite 60 und 61: mehr geschrieben? Michel begreift,
- Seite 62 und 63: Da sagte die Frau neben ihm: Ja, se
- Seite 64 und 65: Uniform, die euch nicht gefällt? E
- Seite 66 und 67: 3. Kapitel 1 Henriette, während si
- Seite 68 und 69: welche nötig, und der Heirat mit E
- Seite 70 und 71: Vom Revolutionsfieber sind hier all
- Seite 72 und 73: 2 Es klopfte, Henriette zuckte zusa
- Seite 74 und 75: sagte: Ich will mit, Michel? Da has
- Seite 76 und 77: Ja, da wolltest du. Aber schon da h
- Seite 78 und 79: Dem Janke tust du einen Gefallen, h
- Seite 80 und 81: nämlich manchmal, die beiden Alten
- Seite 82 und 83: denken können. Mir entging aber ni
- Seite 84 und 85: 4 Henriette war erleichtert, als si
- Seite 86 und 87: Sie ist unzerbrechbar, hast du mir
- Seite 88 und 89: hast du denn mit deinem Kleid gemac
- Seite 90 und 91: hat er doch aller Welt gezeigt, wie
- Seite 92 und 93: 5 Es schneite noch immer. Terrasse
- Seite 94 und 95:
einkaufen bei Euch. Hä, machte der
- Seite 96 und 97:
Fällt draußen noch der Novemberre
- Seite 98 und 99:
Wiedersehen. Und er lauscht lange a
- Seite 100 und 101:
Da drehte sich Tadeusz Piotrowski z
- Seite 102 und 103:
Andreas! Da wacht er auf, sieht den
- Seite 104 und 105:
Mit jedem Schritt nähern sie sich
- Seite 106 und 107:
Anhängern, verschwinde aus meinem
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es zu breit ist? Verstehst du? Und
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esseren Bund zu begründen zu Deuts
- Seite 112 und 113:
Bach. Die verhaltene Trauer des Sat
- Seite 114 und 115:
unserer Bude in Erfurt - Hinterhof,
- Seite 116 und 117:
Und Marianne war nicht mehr bei ihm
- Seite 118 und 119:
Präsent zum Geburtstag, keine Gans
- Seite 120 und 121:
5 Sacré matin, sacré chien, sacr
- Seite 122 und 123:
eingeredet, ich kann ihn doch nun n
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6 Da stehen sie an der Seine, Heinr
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Wenn du willst, sagt Heinrich. Ich
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Seit ca. 1984 Nachdichtungen aus de
- Seite 130:
und „Der fingerkleine Kobold“