Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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kämen dabei auch ein.<br />
Zu allem nickt dieser Johannes Rietz, <strong>de</strong>mütig, zufrie<strong>de</strong>n, aber man hat nicht <strong>de</strong>n Eindruck,<br />
dass er so recht begreift, was ihm da gesagt wird.<br />
Ja, siehst du, Michel Marten, so ein Examen wirst du auch einmal ablegen müssen. Er sitzt<br />
im ausgestorbenen Schulhaus, sortiert seine Siebensachen und etliche <strong>de</strong>s alten Marten in<br />
einen großen Wäschekorb.<br />
Was <strong>de</strong>nkt er da, während er packt? Bin ich also ein <strong>Bernsdorf</strong>scher? <strong>de</strong>nkt er. Wer will<br />
das wissen - vielleicht bin ich’s nicht? Und wenn - was än<strong>de</strong>rt das eigentlich? Nehme also<br />
mal an, <strong>de</strong>r Baron ist mein Vater.<br />
Er horcht in sich hinein, vergisst das Einpacken für eine Weile, stellt fest, erleichtert: Der<br />
Baron ist ihm durch diese Annahme nicht nähergerückt. Im Gegenteil. Seit Augusts<br />
lakonischen Auskünften hasst er ihn ebenso, wie er - auch seit diesem Tag - Janke hasst<br />
und Kienast. O<strong>de</strong>r - schon immer - Friedrich. Und da sagt er sich: Falls er wirklich mein<br />
Vater ist, hat er sich gewaltsam dazu gemacht. Ich wer<strong>de</strong> das ignorieren. Soll ich <strong>de</strong>nn in<br />
<strong>de</strong>m käsigen, duckmäuserischen Friedrich, diesem Scharwenzler, diesem Kriecher, diesem<br />
künftigen Höfling, meinen Bru<strong>de</strong>r sehen? Nichts da. Und Großvater Marten bleibt Großvater<br />
Marten.<br />
Also packt er weiter, bis <strong>de</strong>r Wäschekorb beinahe überläuft und die Truhe leer ist. Aber da<br />
ist noch das Schränkchen am Fenster. Nichts will er hier für <strong>de</strong>n neuen Schulmeister<br />
zurücklassen als die Möbel, die sowieso <strong>de</strong>m Baron gehören.<br />
Es wird mir nichts an<strong>de</strong>res übrig bleiben über kurz o<strong>de</strong>r lang, <strong>de</strong>nkt er, als auch so eine<br />
Küsterstelle irgendwo. Schließlich kann ich nicht ewig so weiterleben ... O<strong>de</strong>r hast du<br />
gedacht, Michel Marten, sie wer<strong>de</strong>n dich studieren schicken, diese <strong>Bernsdorf</strong>s? Selbst<br />
Joachim hat’s nur mit Mühe und Not erreicht, dass er nun zum Studium darf. Meinst du<br />
<strong>de</strong>nn, sie wer<strong>de</strong>n dich noch auf <strong>de</strong>m Schloss behalten, wenn Joachim fort ist? Als<br />
Henriettes Gesellschafter vielleicht? O<strong>de</strong>r als Unterhalter etwaiger Abendgesellschaften ...<br />
<strong>Das</strong> gefällt sogar <strong>de</strong>m alten Herrn, wenn seine Gäste <strong>de</strong>inem Klavierspiel applaudieren; sie<br />
bewun<strong>de</strong>rn damit sein Haus, nicht dich, Michel Marten ... Aber dafür wird er dich auf die<br />
Dauer nicht ernähren ..., und das willst du doch auch nicht ...<br />
Ja, aber was will ich <strong>de</strong>nn?<br />
Henriette.<br />
Ach, Michel Marten. Sie wer<strong>de</strong>n dir gera<strong>de</strong> die Henriette lassen. Wer bist du <strong>de</strong>nn, Michel<br />
Marten ...<br />
Wütend reißt er das zweite Schubfach <strong>de</strong>s kleinen Schränkchens auf, wirft die Papiere <strong>de</strong>s<br />
alten Marten auf die Er<strong>de</strong>. Noch nie hat er sich ernsthaft überlegt, was aus ihm wer<strong>de</strong>n<br />
könnte, kaum Gedanken über die Zukunft hat er sich bisher gemacht, <strong>de</strong>nn: wäre es ihm<br />
erst gelungen, Quecksilber in Gold und Gold in die Materia prima zu verwan<strong>de</strong>ln ... Und<br />
nichts zeigt ihm so klar das En<strong>de</strong> dieses verführerisch schönen Traumes als <strong>de</strong>r