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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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4<br />

Henriette war erleichtert, als sich Friedrich und Janke nach <strong>de</strong>m Essen mit Blicken<br />

verständigten, sich an <strong>de</strong>n alten Herrn heranmachten, mit ihm schließlich ins Jagdzimmer<br />

hinuntergingen. Erleichtert - weil etwas geschah, zu <strong>de</strong>m sie zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>n Anstoß<br />

gegeben hatte. Erleichtert aber auch (obwohl sie sich das nicht eingestand), weil sie nun<br />

gewiss in <strong>de</strong>r ersten Nachmittagsstun<strong>de</strong> vor Janke sicher war - vor seinen möglichen<br />

Vorwürfen und Belehrungen ebenso wie vor <strong>de</strong>n möglichen Zärtlichkeiten. Aber sie war<br />

auch voll Unruhe. Denn sie dachte: Seinen Mittagsschlaf hätten sie ihm lassen müssen.<br />

Wenn sie jetzt nicht sehr diplomatisch vorgehen ...<br />

Die französischen Offiziere zogen sich auf ihr Zimmer zurück - sie stellte es mit Befriedigung<br />

fest. Sie hatte sich während <strong>de</strong>s Essens krampfhaft bemüht, Michel Marten zu übersehen,<br />

hatte dafür mit <strong>de</strong>m Leutnant Carnette ein paar Sätze gewechselt, seine Blicke voll<br />

unverhüllter Bewun<strong>de</strong>rung taten ihr wohl, seine flinken braunen Augen in <strong>de</strong>m dunklen<br />

Gesicht gefielen ihr, auch sein unbeholfenes Deutsch, in <strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n Rehbraten lobte und<br />

sogar <strong>de</strong>n Wein und nach <strong>de</strong>r Kartoffelsorte fragte und feststellte, dass die Deutschen doch<br />

recht gut zu kochen verstän<strong>de</strong>n, nicht so gut wie die Franzosen natürlich, aber immerhin<br />

recht gut.<br />

Was ihm die Belehrung durch <strong>de</strong>n Baron einbrachte, er sei hier in Preußen und habe es mit<br />

Preußen zu tun, nicht mit Deutschen.<br />

Was wie<strong>de</strong>rum Joachim zu <strong>de</strong>r Bemerkung veranlasste, er sei sehr wohl Deutscher und<br />

nichts als dies.<br />

Sodass die Baronin rasch das Gespräch an sich riss und <strong>de</strong>m Leutnant Carnette erläuterte,<br />

mit welcher Kartoffelsorte er es zu tun habe und wie man <strong>de</strong>n Rehbraten in saurer Sahne<br />

schmoren müsse, damit er so schmecke und nicht an<strong>de</strong>rs.<br />

Nichts als dies, Joachim?<br />

Sie waren allein im Terrassenzimmer.<br />

Er verstand sofort.<br />

Ja, sagte er nachdrücklich. Und da Henriette ihn noch immer fragend ansah: Einmal bil<strong>de</strong>te<br />

ich mir ein, Weltbürger zu sein, Henriette. Schiller und Kant hießen meine Götter. Und<br />

Danton. Und Georg Forster. Und Robespierre. Ja, auch Robespierre, du müsstest aus<br />

meinen Briefen wissen, wie sehr ich gera<strong>de</strong> ihn liebte. Ebenso sehr, wie ich die Guillotine<br />

hasste. Und wie ich für die fränkische Revolution brannte, solange ich sie vom Parkett aus<br />

abrollen sah wie ein gewaltiges Drama <strong>de</strong>r Menschheitsgeschichte, aber wie ernüchtert, ja<br />

verzweifelt ich war, als ich auf <strong>de</strong>r Bühne stand, dort in Paris, als ich mit <strong>de</strong>n Sansculotten<br />

durch Blut watete und Marat nach mehr Blut schreien hörte, bis sein eigenes floss ...<br />

Trotz<strong>de</strong>m liebte ich Robespierre. Ich verehrte die I<strong>de</strong>e in ihm, die unverfälschte, heilige I<strong>de</strong>e<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n Menschenrechten. Und <strong>de</strong>n Weltbürger, Henriette, <strong>de</strong>n sauberen, unbestechlichen<br />

Menschen. Aber mir schau<strong>de</strong>rte vor <strong>de</strong>r Guillotine, die er zwar nicht erfun<strong>de</strong>n hat, wie <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utsche Spießbürger glaubt, aber doch sanktioniert ... Und mir schau<strong>de</strong>rte vor all <strong>de</strong>n

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