Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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Da sagte die Frau neben ihm: Ja, sehr schön, wir haben alle gleich an <strong>de</strong>n alten<br />
Schulmeister <strong>de</strong>nken müssen, nicht wahr, Hannes? An <strong>de</strong>n Marten-Jakob, ja.<br />
Plötzlich drehte sich <strong>de</strong>r um, <strong>de</strong>r vor ihnen ging, ein kleines altes Männchen, wie ein<br />
Hutzelmännchen sieht er aus, dachte Michel, aber er erkannte ihn, <strong>de</strong>n Karl-Wilhelm Lemke,<br />
August Lemkes Vater.<br />
Und das kleine Männchen blieb stehen, und da <strong>de</strong>r Weg zwischen <strong>de</strong>n Gräbern schmal war,<br />
blieben die Nachfolgen<strong>de</strong>n auch stehen, und das kleine Männchen sagte - nicht laut, aber<br />
ganz gut zu verstehen für alle Umstehen<strong>de</strong>n: Michel Marten, ich sag Michel Marten zu dir<br />
und nicht Herr und nicht Misjö, was willst du <strong>von</strong> uns, wir mögen diese Uniform nicht, weil<br />
die Leute in solchen Uniformen, verstehst du, uns im Herbst fast alles genommen haben,<br />
was das Schloss uns gelassen hatte, und <strong>de</strong>n Rest, Michel Marten, <strong>de</strong>n haben sie letzte<br />
Woche geholt, wir haben nichts zu fressen, verdammt noch mal, da wird <strong>de</strong>r Mensch<br />
ungemütlich, auch Weihnachten, gera<strong>de</strong> Weihnachten, lass mich re<strong>de</strong>n, Amalia, zupf mir<br />
nicht am Ärmel herum, jetzt hab ich angefangen mit Re<strong>de</strong>n zu diesem Misjö hier, <strong>de</strong>r hat<br />
vorhin gespielt wie sein Großvater früher o<strong>de</strong>r auch wie er selbst früher, aber er trägt diese<br />
Uniform, und jetzt will er sich mit uns gemeinmachen, <strong>de</strong>r Mensch lässt sich nicht alles<br />
bieten, Michel Marten, heute wur<strong>de</strong> das Aufgebot verlesen, und wenn <strong>de</strong>in Baron es wagt,<br />
Michel Marten, wenn er es morgen wagt und mit seinem Knotenstock kommt - ich weiß<br />
nicht, was dann passiert, und einer eurer Soldaten hat uns erzählt, wir sind nicht mehr<br />
erbuntertan, Michel Marten, und darum re<strong>de</strong> ich jetzt eigentlich mit dir, was hat das auf sich<br />
mit diesem Gesetz, o<strong>de</strong>r war es gelogen?<br />
Hatte jemals jemand <strong>de</strong>n Lemke-Karl-Wilhelm so viele Worte hintereinan<strong>de</strong>r re<strong>de</strong>n hören?<br />
Amalia Lemke, mit angstvoll-<strong>de</strong>mütigen Augen, hatte es aufgegeben, ihn zu hin<strong>de</strong>rn. Und<br />
alle an<strong>de</strong>ren stan<strong>de</strong>n verblüfft, nickten aber hin und wie<strong>de</strong>r zustimmend, stan<strong>de</strong>n wie eine<br />
Mauer, und das mochte ihn ermutigt haben, ihr Stehen und ihr Nicken. Und vielleicht auch<br />
die Kirchenglocke, die noch nicht aufgehört hatte zu läuten, was nicht gewöhnlich war und<br />
trotz<strong>de</strong>m <strong>von</strong> kaum jemand bemerkt wur<strong>de</strong>.<br />
Nun wäre es an Michel Marten gewesen, zu re<strong>de</strong>n. Karl-Wilhelm Lemke schwieg nun,<br />
wartete aber offensichtlich auf eine Antwort.<br />
Michel Marten war um diese Antwort verlegen. Sah darum erst in die Run<strong>de</strong>, forschte in<br />
diesen verschlossen-feindseligen, aber auch hoffnungsvoll-neugierigen Gesichtern, begriff,<br />
dass die Feindseligkeit seiner Uniform galt und die Hoffnung ihm selbst, begriff es mit<br />
Schrecken, <strong>de</strong>nn da durfte es keinen Wi<strong>de</strong>rspruch geben.<br />
Ach, Michel Marten, du weißt doch nicht erst seit heute, dass es ihn gibt, warum willst du’s<br />
nicht zugeben?<br />
Plötzlich sah er <strong>de</strong>n August Lemke, <strong>de</strong>r hatte sich <strong>von</strong> hinten zu ihm durchgearbeitet, stand<br />
nun neben seinem Vater, war so groß wie dieser Vater früher, Rücken noch gera<strong>de</strong>, hatte<br />
sonst keine Ähnlichkeit mit Karl-Wilhelm, hatte die <strong>Bernsdorf</strong>nase, man erinnere sich. Michel<br />
las weniger Feindseligkeit in seinem Blick, mehr Forschen<strong>de</strong>s, Hoffen<strong>de</strong>s, da re<strong>de</strong>te er<br />
endlich.