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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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5<br />

Es schneite noch immer. Terrasse und Freitreppe und die Köpfe <strong>de</strong>r Puttenskulpturen<br />

leuchteten weiß.<br />

Wie schön, sagte Dorothea, sagte es eine Spur zu weinerlich, aber das merkte sie nicht,<br />

sie meinte, was sie sagte: Weiße Weihnachten, endlich einmal wie<strong>de</strong>r weiße Weihnachten,<br />

sagte sie, ist das nicht wun<strong>de</strong>rvoll, Herr Suhrbier?<br />

Hm, hm. Karl-Ernst Suhrbier nickte bedächtig und strich sich über das Haar, über <strong>de</strong>n<br />

spärlichen grauen Haarkranz, <strong>de</strong>r seine glänzen<strong>de</strong> Halbglatze einrahmte und seinem großen<br />

Schä<strong>de</strong>l etwas Statuenhaftes verlieh. Der an<strong>de</strong>re Suhrbier, Andreas, sagte nichts, sah<br />

unverwandt in <strong>de</strong>n Flockenwirbel hinaus.<br />

Im Zimmer über ihnen schrie Luise <strong>von</strong> <strong>Bernsdorf</strong> durchdringend, verstummte plötzlich,<br />

Suhrbier lächelte, hat einen Bärenhunger gehabt, unsere Enkelin, sagte er mit<br />

Großvaterstolz. Da lächelte auch Dorothea, unverkrampft und ohne Wehmut, ich bin ja<br />

Großmutter, dachte sie ganz erstaunt, was sie seit einem Vierteljahr wusste.<br />

Friedrich und Janke kamen hastig herein, weich und betulich floss Jankes Re<strong>de</strong>strom: <strong>Das</strong><br />

habe sich doch so angehört, als wäre jemand gekommen, natürlich, die Hamburger,<br />

herzliches Willkommen und frohes Fest!<br />

Brummig und zugeknöpft, misslaunig offenbar, folgte <strong>de</strong>r alte Herr.<br />

Auch Andreas drehte sich nun <strong>de</strong>m Zimmer zu, er ähnelte <strong>de</strong>m alten Suhrbier - die gleiche<br />

leicht fliehen<strong>de</strong> Stirn, die grauen Augen, die gera<strong>de</strong>, schmale, lang gezogene Nase, das<br />

vorgestreckte Kinn -, aber seine Haare waren noch aschblond und voll, nur die Ecken etwas<br />

eingebuchtet, und alles an ihm war straffer, lebhafter, kraftvoller.<br />

Dorothea öffnete die Flügeltür zum Nebenzimmer, sie setzten sich um <strong>de</strong>n grünen Ofen<br />

herum, das Gespräch schleppte sich mühsam dahin, wäre sofort versiegt, wenn Janke es<br />

nicht eifrig in Fluss gehalten hätte. Denn Andreas schwieg, Friedrich war in Gedanken mit<br />

an<strong>de</strong>ren Dingen beschäftigt, <strong>de</strong>r Baron brummte nur ab und zu ein paar Satzbrocken, und<br />

auch <strong>de</strong>r alte Suhrbier begnügte sich vorerst mit wenigen Bemerkungen, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen „jaja“,<br />

„aber gewiss doch“ und das unvermeidliche „nicht wahr“ am häufigsten wie<strong>de</strong>rkehrten,<br />

wur<strong>de</strong> erst gesprächiger, als Dorothea die Re<strong>de</strong> auf das gemeinsame Enkelkind brachte,<br />

das gera<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r zu weinen begann, kurz nur und schläfrig. Da stand Janke auf und ging<br />

hinaus, murmelte entschuldigend: Wo bleibt nur meine Frau?<br />

Stiefeltritte auf <strong>de</strong>r Treppe, ein energisches Klopfen - die Franzosen, wir haben zwei<br />

französische Offiziere im Haus, erklärte Friedrich eilig, da stan<strong>de</strong>n sie auch schon in <strong>de</strong>r<br />

Tür.<br />

Darf man eintreten? fragte Jean-Pierre, bon jour, camara<strong>de</strong>, sagte Michel Marten und sah<br />

Andreas an, <strong>de</strong>r sprang auf, sie gingen aufeinan<strong>de</strong>r zu, lagen sich in <strong>de</strong>n Armen - hier<br />

wur<strong>de</strong> kein Theater gespielt, man erkannte sich bedingungslos, die Worte fehlten ihnen<br />

lange. Auch Karl-Ernst Suhrbier war aufgestan<strong>de</strong>n, nee, sagte er verblüfft, das gibt’s doch<br />

wohl nicht, <strong>de</strong>r Herr Marten, nicht wahr? Und er schüttelte Michel die Hand, als wollte er nie<br />

mehr damit aufhören, tat es aber dann ganz plötzlich, setzte sich wie<strong>de</strong>r, während Andreas

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