Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

ganzen Menschheit verzweifeln? Also lass mir den Traum, Henriette, wenn es ein Traum ist
und nichts weiter, lass ihn mir, er könnte wirklicher sein als die Wirklichkeit.“
Aus Frankfurt - das war der letzte Brief.
Die Todesanzeige fand Henriette im Oktober 1804 in einer Berliner Zeitschrift: „Die
bekannte und durch ihren allzu freien Lebenswandel auch berüchtigte Malerin Marianne
Hauschildt, geborene Vischer, entleibte sich am Abend des 30. September am Ufer des
Rheins in der Nähe von Frankfurt.“
Joseph, schreit Henriette auf, sieh nur, hier!
Er liest, ach, sagt er, ja, so musste sie wohl enden, diese Bekanntschaft hätte mich schon
damals fast kompromittiert, dass du jetzt nicht etwa aller Welt erzählst, du wärest mit ihr
befreundet gewesen, Henriette!
Nein, Joseph, nein, sagt sie mechanisch, schneidet die Todesanzeige aus, legt sie in ihre
Briefmappe.
Sie hielt den Zeitungsausschnitt noch in der Hand und schob ihn rasch zwischen die Briefe,
als sie den schweren Schritt Jankes auf der Treppe hörte.
Wo bleibst du denn, Henriette? Willst du deine eigene Verwandtschaft brüskieren? Das
geht aber zu weit, du kannst mich vor diesem Andreas Suhrbier nicht kompromittieren, er ist
schließlich ein Beamter Napoleons, Richter in Mainz, eine einflussreiche Persönlichkeit ...
So? sagte Henriette spöttisch.
Aber sie stand auf und ging mit ihm hinunter.