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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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2<br />

Steht da, auf <strong>de</strong>m Zopfen<strong>de</strong> kauend, dicht neben Michel Marten, auf <strong>de</strong>m Friedhof, vor <strong>de</strong>m<br />

offenen Grab. <strong>Das</strong>s sie hier nicht zu stehen hat, ist ihr bewusst. Niemand vom Schloss<br />

sollte am Begräbnis <strong>de</strong>s alten Marten teilnehmen. Sie begreift das nicht, und darum tut sie,<br />

was sie für richtig hält und für notwendig.<br />

Notwendig. Um welche Not zu wen<strong>de</strong>n? Ihre eigne wohl, vor allem die. Denn wenn das<br />

Denken nur noch aus Fragen besteht und niemand ist da, <strong>de</strong>m man sie stellen könnte -<br />

wäre das keine Not?<br />

Michel Marten? Mit siebzehn Jahren müsste man doch mehr begreifen als mit vierzehn.<br />

Aber sie haben ihn verrückt gemacht mit ihrem Hokuspokus. Ich frage ihn: Warum ist er<br />

<strong>de</strong>nn gestorben, Michel, er war doch nicht krank. Und er sagt: Ich hab schuld, Henriette.<br />

Hätte ich mir mehr Mühe gegeben, könnte ich das Lebenselexier schon heraus<strong>de</strong>stilliert<br />

haben, und nie wär er gestorben. Und er selbst hat schuld, dass ich nicht damit zuran<strong>de</strong><br />

kam, weil er nicht daran geglaubt hat, weil er gelästert hat, nannte es Aberglauben und<br />

Quacksalberei, ja, wollte er mich nicht sogar verprügeln, zum ersten Mal, bin ich ihm nicht<br />

fortgelaufen, zu euch?<br />

So re<strong>de</strong>t Michel, <strong>de</strong>nn sie haben ihm <strong>de</strong>n Kopf verdreht, Janke und nun dieser neue Pfarrer,<br />

<strong>de</strong>r Kienast.<br />

Der tritt an das Grab. Re<strong>de</strong>t <strong>de</strong>m alten Kantor ein Loblied nach, ein verlogenes. Vergisst<br />

aber nicht, alle Welt zu warnen vor <strong>de</strong>n Irrtümern <strong>de</strong>r teuflischen Aufklärung. Ach du mein<br />

Gott. Sicher wür<strong>de</strong> er seinem eigenen Vorgänger im Amt, Michels Großvater Schulz,<br />

ähnliche Lügen und ähnliche Warnungen nachgere<strong>de</strong>t haben. Aber <strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> verscharrt.<br />

Wer weiß wo. Wer weiß wann.<br />

Darüber ist er gestorben, <strong>de</strong>r alte Marten, nun weiß ich es: Weil sie ihm seinen Freund<br />

getötet haben und seinen Enkel gestohlen. Aber was hatte Pastor Schulz ihnen getan?<br />

Warum das alles, warum nur?<br />

Ist vielleicht unser Lehrer schuld? Janke? Fing da nicht alles an, begann nicht da <strong>de</strong>r<br />

Gespensterspuk ...<br />

Er kam <strong>von</strong> seiner Reise nach Breslau zurück. Stieg aus <strong>de</strong>m Wagen. Nicht nur Urlaub hatte<br />

die Tante ihm genehmigt, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>n herrschaftlichen Reisewagen. Mit Pfer<strong>de</strong>n und<br />

Kutscher. Und aus diesem Wagen trug er nun - und ließ er tragen - diese neuen Apparate,<br />

wohlverpackt, und seine Retorten und Flaschen und Trichter und Schachteln und Paketchen<br />

... Seine Augen glühten verräterisch. Wir durften nicht mehr in seine Kammer. Die Tante<br />

stellte ihm <strong>de</strong>n Ahnensaal zur Verfügung - <strong>de</strong>r nun immer, fast immer, verschlossen war -,<br />

und nur da<strong>von</strong> wur<strong>de</strong> noch gere<strong>de</strong>t: Der Stein <strong>de</strong>r Weisen. <strong>Das</strong> Lebenselexier. Die Geister<br />

<strong>de</strong>r Verstorbenen.<br />

Ach, aufregend war das schon. Aber ich war misstrauisch. Sie kamen mir alle vor wie diese<br />

Schauspieler, die wir im Frühjahr hatten Komödie spielen sehen. Irgendwann kam <strong>de</strong>r Onkel<br />

für ein paar Tage, lachte, als er ihre neuen Vokabeln hörte, lachte. Rief dann: Verdammtes<br />

Theater, Besseres nicht zu tun?

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