Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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<strong>de</strong>nken können. Mir entging aber nicht, dass sein Blick im Grun<strong>de</strong> hellwach und flink war,<br />
ganz aufmerksam; etwas Fuchsähnliches verbarg sich hinter dieser behäbigen<br />
Gelassenheit.<br />
Freilich hab ich ihn gefragt, wo <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Heinrich Marten steckt, August. Er sagte: Ja, mein<br />
Bester, wenn ich das so genau wüsste. Er hatte ein recht or<strong>de</strong>ntliches Stück Geld verdient,<br />
als ich ihn entließ. Wollte eine Zeitschrift grün<strong>de</strong>n, hat’s auch, aber über ein paar Nummern<br />
ist sie nicht hinausgekommen. „<strong>Das</strong> graue Ungetüm“ o<strong>de</strong>r so ähnlich hat er sie genannt.<br />
Dann hat er ein <strong>Buch</strong> geschrieben, das soll <strong>de</strong>mnächst wohl erscheinen, eine hübsche<br />
Geschichte - wie man Kin<strong>de</strong>r erziehen könne in einer Gemeinschaft, in <strong>de</strong>r alles allen<br />
gehört, die sich gewissermaßen selbst reproduziert, Sie verstehen, eine Art Kommune,<br />
nicht wahr, Unsinn natürlich, aber hübsch ausgedacht, soll sogar <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Herrn Chodowicki<br />
illustriert wor<strong>de</strong>n sein, und eine Schlusso<strong>de</strong> soll <strong>de</strong>r Herr Mozart noch kurz vor seinem To<strong>de</strong><br />
in Musik gesetzt haben - alles solche Gerüchte, Herr Marten. Aber wo er steckt, <strong>de</strong>r<br />
Heinrich Marten, Ihr Herr Vater - ehrlich gesagt, hab ich mich nie recht dafür interessiert,<br />
seine Gedankengänge sind mir ein wenig zu fantastisch, auch zu radikal, er hat gewiss viel<br />
schuld an <strong>de</strong>n extremen Ansichten meines Sohnes ...<br />
Da waren seine Augen gar nicht mehr gutmütig, und es fiel ein unsichtbarer eisiger Vorhang<br />
zwischen uns, und also stand ich auf, um zu gehen. Ich wur<strong>de</strong> aber aufgefor<strong>de</strong>rt, in <strong>de</strong>n<br />
nächsten Tagen vorbeizukommen, <strong>de</strong>r Andreas wer<strong>de</strong> dann möglicherweise da sein.<br />
Er war da, eine Woche später, er begrüßte mich wie einen alten Bekannten, Joachim hatte<br />
ihm viel <strong>von</strong> mir erzählt ...<br />
Wart mal, sagte August plötzlich und stand auf, da kommt doch was.<br />
Sie gingen ein Stück zur Tür, da sahen sie <strong>de</strong>n Reisewagen auf <strong>de</strong>n Hof fahren. Die<br />
Suhrbiers, sagte Michel. Und Andreas ist dabei, das ist er, siehst du? Hat Ähnlichkeit mit<br />
seinem Vater, nicht? Er ist jetzt französischer Beamter, Richter in Mainz. Hab ihn schon<br />
sehr lange nicht mehr gesehen ...<br />
Da wirst du jetzt reingehen wollen, sagte August, scha<strong>de</strong>, ich hätte dir gern noch lange<br />
zugehört, hab in <strong>de</strong>n letzten Jahren oft gedacht: Wo wohl <strong>de</strong>r Michel steckt, was <strong>de</strong>r jetzt<br />
wohl macht ...<br />
Ja, sagte Michel, ich erzähl dir schon noch mal weiter. Aber eigentlich müssten wir doch<br />
über an<strong>de</strong>res re<strong>de</strong>n, über morgen zum Beispiel, nicht?<br />
<strong>Das</strong> tun wir ja dabei auch, Michel, sagte August bedächtig. Siehst du, ich muss doch<br />
wissen, wie du dich verhalten wirst, wenn es morgen hier Krach geben sollte. Was <strong>de</strong>ine<br />
Soldaten dann tun wer<strong>de</strong>n. Also muss ich wissen, wer ...<br />
Wer ich bin, ja? unterbrach Michel ihn schnell. Daran dachte ich vorhin schon, August. Weiß<br />
es manchmal selbst nicht genau, wer ich bin. Also gut, heute Abend komm ich ins Dorf, wir<br />
setzen die Bittschrift auf, und dann erzähl ich weiter. Übrigens - ich hab ja angefangen, dich<br />
auszufragen, und aus <strong>de</strong>m gleichen Grund - wollte wissen, wie du zu mir stehst.