Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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Dem Janke tust du einen Gefallen, hatte Halina gesagt, <strong>de</strong>m ist das doch gleich, ob du in<br />
Briesen Schulmeister wirst o<strong>de</strong>r in Hamburg sonst was, <strong>de</strong>r ist auf die Henriette scharf.<br />
Denkst du <strong>de</strong>nn gar nicht an die Henriette, Michel Marten?<br />
Sie wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Janke doch die Henriette nicht geben, Halina. Ebenso wenig wie sie mir<br />
die Henriette geben wür<strong>de</strong>n. Was hab ich hier noch zu suchen?<br />
Nichts, Michel, freilich gar nichts. Aber warum nimmst du die Henriette nicht mit? Ich fürcht,<br />
sie geben sie doch <strong>de</strong>m Janke. Die Tochter ist sie nicht, nur die Nichte, Vermögen hat sie<br />
keins, <strong>de</strong>r Vater ist auf Spandau verstorben - wenn sie solche Verwandtschaft nun<br />
abschieben wollen? Und adlig ist er doch nun, <strong>de</strong>r Janke. Hofrat dazu. Wer weiß, wer weiß,<br />
Michel. Mir tät’s leid um die Henriette, sie ist doch mehr so wie unsereins, das kommt doch<br />
auch durch dich, und nun lässt du sie hier allein ...<br />
Ach, Halina, im Ernst will sie doch gar nicht fort <strong>von</strong> hier, sie ist ein an<strong>de</strong>res Leben gewöhnt<br />
...<br />
Ich war eigentlich auch ein an<strong>de</strong>res Leben gewöhnt als das, das ich dann führte ... Aber ihr<br />
hätte ich es niemals zugetraut - diese Unsicherheit, die Strapazen; ganz und gar<br />
unvernünftig wäre es mir vorgekommen, sie solchen Gefahren auszusetzen.<br />
Michel war sich nun sicher, dass <strong>de</strong>r Schlaf nicht mehr kommen wür<strong>de</strong>; er war ganz wach<br />
und erregt. Ihm fiel ein, dass er eigentlich, statt hier zu liegen, durch die Ställe gehen sollte,<br />
vielleicht wür<strong>de</strong> er <strong>de</strong>n August Lemke treffen, mit <strong>de</strong>m er noch über die Bittschrift zu re<strong>de</strong>n<br />
hatte. Er gestand sich nicht ein, dass er, auf <strong>de</strong>m Bett liegend, an nichts und nieman<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>nken konnte als an die Henriette <strong>von</strong> damals und die Frau <strong>von</strong> Janke heute; und noch viel<br />
weniger konnte er zugeben, dass seine Gedanken zu kreisen begannen um etwas, das er<br />
mit Schuld bezeichnen könnte, falls er eine Bezeichnung dafür suchte.<br />
August Lemke stand im Pfer<strong>de</strong>stall, machte sich an Zaumzeug und Sattelgurten zu<br />
schaffen. Na? sagte er und ließ sofort die Arbeit liegen, ging Michel entgegen.<br />
Da kam Michel sich plötzlich - und zum ersten Mal - wie heimgekehrt vor, <strong>de</strong>nn er begriff,<br />
dass August auf ihn gewartet hatte.<br />
Langsam schlen<strong>de</strong>rten sie an <strong>de</strong>n <strong>Buch</strong>ten vorbei, Michel tätschelte <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>n die<br />
Rücken. Sie setzten sich nebeneinan<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Futterkasten. August stellte keine Fragen,<br />
wie<strong>de</strong>rholte auch sein „Na?“ nicht; geduldig und wortkarg wie immer wartete er, bis Michel<br />
zu re<strong>de</strong>n begann, und <strong>de</strong>r ließ sich Zeit damit.<br />
Stört ihn meine Uniform also nicht mehr? dachte er. Er erwartet etwas <strong>von</strong> mir. Vielleicht -<br />
erwartet er etwas <strong>von</strong> <strong>de</strong>r französischen Armee?<br />
Bist du eigentlich mal rausgekommen aus <strong>Bernsdorf</strong> in all <strong>de</strong>n Jahren? fragte er.<br />
Hm, sagte August. War doch Soldat, nicht? Bin im Frühjahr dreiundneunzig in <strong>de</strong>r<br />
Champagne um ein Haar verreckt.<br />
Ach, sagte Michel, da hätten wir uns beinah treffen können, August. Im Sommer<br />
zweiundneunzig, da bin ich doch <strong>von</strong> <strong>Bernsdorf</strong> weg, und Sommer dreiundneunzig, da bin ich