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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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Uniform, die euch nicht gefällt? Eben <strong>de</strong>shalb, weil diese Franken nicht gewartet haben, bis<br />

die Freiheit vom Himmel fiel. Son<strong>de</strong>rn weil sie nach <strong>de</strong>n Sternen gegriffen und sich die<br />

Freiheit geschaffen haben, die sie gemeint hatten.<br />

Glaubst du, was du sagst, Michel Marten? Haben sie nun die Freiheit, die sie gemeint<br />

hatten? Solange er re<strong>de</strong>te, glaubte er an seine Worte. Als er aber nun schwieg und die<br />

Gesichter vor sich sah, verschlossene Gesichter, feindselige auch darunter, und die Glocke<br />

bimmelte noch immer, stärker als zuvor, schien ihm - da stellte er sich solche Fragen, da<br />

wusste er, dass er gere<strong>de</strong>t hatte, was er gern geglaubt hätte, aber nicht mehr glauben<br />

konnte.<br />

Gut, dass du mich an diese Uniform erinnert hast, sagte Karl-Wilhelm Lemke. Wir müssen<br />

verhungern, und unser bisschen elen<strong>de</strong>s Vieh muss verhungern, eure Pfer<strong>de</strong> fressen unser<br />

letztes Korn, Misjö!<br />

Herrgott im Himmel, brüllte da Michel Marten unbeherrscht (und ihm war durchaus klar,<br />

dass er so brüllte, weil er sich bei halben Wahrheiten - o<strong>de</strong>r ganzen Lügen? - ertappt hatte<br />

und sich doch im Recht fühlte und nicht aus noch ein wusste in diesem Dilemma), stellt doch<br />

<strong>de</strong>m Baron eure For<strong>de</strong>rungen! Kann <strong>de</strong>nn das Schloss nicht diese paar Soldaten<br />

verpflegen, samt ihren Gäulen? Und for<strong>de</strong>rt auch für euch, for<strong>de</strong>rt höheren Gesin<strong>de</strong>lohn,<br />

und in Geld, nicht in Naturalien, und for<strong>de</strong>rt, for<strong>de</strong>rt - die Freiheit, jetzt, nicht in drei Jahren,<br />

und <strong>de</strong>n Erlass aller Dienste und Abgaben, ohne Loskauf, versteht ihr, ohne, sonst kommt<br />

ihr vom Regen in die Traufe. For<strong>de</strong>rn müsst ihr, for<strong>de</strong>rn, das ist euer Recht, euer gutes<br />

Recht als Menschen, o<strong>de</strong>r seid ihr keine, seid ihr Würmer? - Michel Marten, was re<strong>de</strong>st du<br />

da? Hast du vergessen, wer du bist, Michel Marten? Wie heißt <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>in Befehl, Befehl <strong>von</strong><br />

Davout, nein - Befehl <strong>von</strong> Napoleon selbst: Je<strong>de</strong>r Aufruhr, je<strong>de</strong> Unruhe im besetzten Land<br />

sind zu verhin<strong>de</strong>rn, mit allen Mitteln, notfalls auch ... Du hast also soeben <strong>de</strong>inen<br />

Instruktionen zuwi<strong>de</strong>rgehan<strong>de</strong>lt, Michel Marten. Bewusst? Du hast dich hinreißen lassen,<br />

nicht wahr? Ich habe nicht zu Aufruhr und nicht zu Unruhen aufgefor<strong>de</strong>rt, son<strong>de</strong>rn zu - einem<br />

Bittgang.<br />

Eine Bittschrift: Müsst ihr aufstellen, sagte er. Und eine Abordnung wählen, die sie <strong>de</strong>m<br />

Baron vorträgt. Morgen zum Beispiel. Da könnt ihr es verbin<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n besten Wünschen<br />

zu seinem siebzigsten Geburtstag. Und ihr nutzt die gute Laune, die er da sicher haben<br />

wird. Sicher <strong>de</strong>nkt er da gar nicht an sein Knotenstockrecht. Am besten, <strong>de</strong>r Bräutigam<br />

selbst überbringt die Gratulation und die Bittschrift, ich hielte das je<strong>de</strong>nfalls für sehr günstig,<br />

für äußerst günstig.<br />

Na, wun<strong>de</strong>rbar. Da hast du aus „for<strong>de</strong>rn“ ganz einfach „bitten“ gemacht, Michel Marten. Ja,<br />

hab ich. Na und? Nur ein an<strong>de</strong>res Wort. Auf das Ergebnis kommt es doch letzten En<strong>de</strong>s an,<br />

nicht wahr?<br />

Ein paar Kin<strong>de</strong>r hatte das unentwegte Läuten neugierig gemacht, zumal sie <strong>von</strong> <strong>de</strong>r heißen<br />

Debatte zwischen <strong>de</strong>n Gräbern nichts begriffen. Nun kamen sie aufgeregt <strong>von</strong> <strong>de</strong>r<br />

Kirchentür hergelaufen: Der Totenheini, er will nicht zu läuten aufhören, <strong>de</strong>r Pfarrer schafft<br />

ihn nicht, schafft ihn nicht, schafft ihn nicht, schrien sie durcheinan<strong>de</strong>r.<br />

Plötzlich verliefen sich die Leute. Einige eilten nach Hause, als wäre ihnen ihr

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