Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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eingere<strong>de</strong>t, ich kann ihn doch nun nicht allein damit lassen. Und was heißt „unsere Sache“?<br />
Vielleicht ist es tatsächlich auch meine Sache?<br />
Verdammt, rief Jean-Pierre und packte Michel an <strong>de</strong>n Schultern, wir haben doch unsere<br />
Instruktionen, Michel, überleg dir das.<br />
Ja, sagte Michel, aber darüber <strong>de</strong>nk ich nicht erst seit gestern und heute nach, mon ami:<br />
über diese Instruktionen.<br />
Auf <strong>de</strong>r Treppe stand er plötzlich Henriette gegenüber. Darauf war er nicht vorbereitet, und<br />
er konnte nicht verbergen, dass ihr ratlos-verstörtes Gesicht ihn traf. Wie an<strong>de</strong>rs wäre es<br />
sonst zu erklären, dass sie - ohne zu überlegen - nach seinen Hän<strong>de</strong>n griff. Was nun,<br />
Michel, was nun? fragte sie.<br />
Was nun? Hatte er sich das nicht noch eben selbst gefragt? Aber jetzt sagte er, als habe er<br />
es immer gewusst: Keine Angst, Henriette. Sie wer<strong>de</strong>n es sich nicht bieten lassen. Der Tag<br />
hat gera<strong>de</strong> erst begonnen, Henriette.<br />
Stehst du zu ihnen? Offen? fragte sie. Aber nur ihre Worte fragten, in ihrer Stimme und in<br />
ihrem Blick gab es keinen Zweifel an seiner Antwort, das sah er, das hörte er, und da sagte<br />
er, als sei das selbstverständlich: Ja, natürlich.<br />
Und ihm war sehr leicht und froh, als er durch <strong>de</strong>n Schnee ins Dorf stapfte; in Gedanken<br />
spielte er <strong>de</strong>n Schlusssatz <strong>de</strong>s Italienischen Konzertes, ihm war so leicht, dass er nicht<br />
erstaunt gewesen wäre, wenn er plötzlich hätte fliegen können. Da dachte es in ihm: Kann<br />
sein, er ist gar nicht irre, er tut nur so. Kann auch sein, ich täusche mich, er ist es gar nicht.<br />
Es ist keine Ähnlichkeit da. Nur diese Stimme.<br />
Aber dann hatte er es gar nicht mehr eilig, <strong>de</strong>n August Lemke zu sehen. Und war ihm eben<br />
noch so froh und leicht zumute gewesen, spürte er jetzt um so stärker, unerträglich stark,<br />
die Schwere seines Körpers, die ihn auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> hielt.<br />
Statt im Dorf, fand er sich plötzlich auf <strong>de</strong>m Pfad zwischen See und Wald, unsichtbarer<br />
Weg unterm Schnee, er formte im Gehen einen Schneeball und warf ihn über die niedrigen<br />
Sträucher weit auf die verschneite Eisfläche hinaus.<br />
Was willst du eigentlich, Michel Marten? Hast du Furcht, <strong>de</strong>m August Lemke unter die<br />
Augen zu kommen?<br />
Nein, keine Furcht. Aber die Bittschrift war keine gute I<strong>de</strong>e. Der Alte wird sich jetzt ganz<br />
gewiss die Hochzeitsnacht nicht streitig machen lassen. <strong>Das</strong> haben wir erreicht, sacrée<br />
mer<strong>de</strong>. Und Babeuf - wieso kamen wir heute auf Babeuf? Und war das eben die Frau <strong>von</strong><br />
Janke? Henriette war es doch, <strong>de</strong>ine Henriette, Michel Marten ..., jetzt mit ihr re<strong>de</strong>n, über<br />
alles, und vor allem über Babeuf ... Babeuf, ein heiliger Narr o<strong>de</strong>r ein närrischer Heiliger ...<br />
„Stehst du offen zu ihnen?“ - „Ja, natürlich.“ Was hab ich da gesagt? War das mein Ernst?<br />
„Auf die undurchführbaren Träume“ - sagtest du das nicht, Henriette? War das nicht erst<br />
gestern? Sie wer<strong>de</strong>n es sich nicht mehr bieten lassen, heute nicht mehr. Denn diese Leute<br />
<strong>von</strong> gestern Abend - das waren nicht die <strong>Bernsdorf</strong>er, die du vor fünfzehn Jahren gekannt