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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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so weiter.<br />

Heinrich Marten: Ich wer<strong>de</strong> ihnen die Reinlichkeit anerziehen, wer<strong>de</strong> mich aber nicht mit<br />

Aufgaben <strong>de</strong>r Hausgehilfen befassen.<br />

Baron: Der Hauslehrer darf dreimal wöchentlich mit seinen Zöglingen spazieren gehen.<br />

Heinrich: <strong>Das</strong> wird öfter o<strong>de</strong>r weniger oft geschehen, je nach Zeit und Umstän<strong>de</strong>n.<br />

Baron: Während <strong>de</strong>s Spazierengehens wird sich <strong>de</strong>r Informator mit seinen Zöglingen über<br />

nützliche Dinge unterhalten.<br />

Heinrich: Wenn die Umstän<strong>de</strong> es gestatten, wird das selbstverständlich sein.<br />

Baron: Bei Tisch wird <strong>de</strong>r Hauslehrer das Fleisch tranchieren.<br />

Heinrich: Damit wer<strong>de</strong> ich mich nicht befassen.<br />

So ungefähr, es wer<strong>de</strong>n noch ein paar Vorschriften mehr gewesen sein. Und also auch ein<br />

paar Entgegnungen mehr.<br />

Aber: Was war fürs erste mit diesen Zöglingen anzufangen, mit einem vierjährigen und<br />

einem einjährigen Kind? Ergo: Ist es <strong>de</strong>m Heinrich Marten, <strong>de</strong>m Zigeuner-Marten, <strong>de</strong>nn<br />

schlecht ergangen auf Schloss <strong>Bernsdorf</strong>? Hatte er nicht Zeit im Überfluss für seine Bücher<br />

und seine Schreibereien? Sophie Schulz, auch sie achtzehnjährig, hatte sich häufiger mit<br />

<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn zu befassen als er. Und es konnte nicht ausbleiben, dass sie auch bei<strong>de</strong><br />

gemeinsam mit ihnen spazieren gingen. Und miteinan<strong>de</strong>r, ohne Kin<strong>de</strong>r. Natürlich<br />

miteinan<strong>de</strong>r, Dorothea, und warum fiel dir das sofort auf? Und störte dich, sofort? Sechs<br />

Jahre warst du älter als sie. Was faszinierte dich an diesem Jungen? <strong>Das</strong> Zigeunerhafte<br />

doch wohl nicht. Sein Wissen? Sein Stolz? Seine Empfindsamkeit? Du hättest ihn nie mit<br />

<strong>de</strong>m Baron vergleichen dürfen ..., da fing es an, als du zu vergleichen begannst. All das,<br />

was du an diesem um zehn Jahre älteren Mann bisher <strong>de</strong>mütig hingenommen hattest,<br />

dankbar sogar, all das störte dich nun an ihm. Wur<strong>de</strong> dir unerträglich. Wo war er überhaupt<br />

in diesem einen Jahr? War er nicht zum Oberst avanciert, hatte ein Regiment übernommen,<br />

stand dieses Regiment nicht im polnischen Teil Preußens? O<strong>de</strong>r im preußischen Teil<br />

Polens, das blieb sich gleich. In diesem unaussprechbaren Nest, aus <strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n<br />

Leibburschen Ta<strong>de</strong>usz Piotrowski mitgebracht hatte und seine Frau, die Halina ...<br />

Nun dieser Tag im Frühjahr, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Baron, für kurze Zeit zu Hause, <strong>de</strong>n ganzen<br />

Vormittag über im Jagdzimmer sitzt, im Kellergeschoss, stun<strong>de</strong>nlang hockt er dort mit<br />

Inspektor Neumann zusammen über <strong>de</strong>n Büchern - Ausgaben, Einnahmen, Schul<strong>de</strong>n -, und<br />

in <strong>de</strong>r Diele warten die bei<strong>de</strong>n alten Herren: <strong>de</strong>r Pfarrer Schulz und <strong>de</strong>r Küster Marten.<br />

Warten stun<strong>de</strong>nlang, um beim Baron vorgelassen zu wer<strong>de</strong>n. Mehrmals hat sie ihnen<br />

gesagt: Kommt lieber morgen. Nein, heute. Es ist wichtig.<br />

Sie sitzen nebeneinan<strong>de</strong>r, Hän<strong>de</strong> im Schoß - <strong>de</strong>r dürre, bleiche Schulz, <strong>de</strong>r kleine, zierliche<br />

Marten, schweigend; ab und zu sehen sie sich an, Marten lächelt, froh und ängstlich<br />

zugleich, Schulz erwi<strong>de</strong>rt das Lächeln nicht, blickt ernst und finster, als ahne er kommen<strong>de</strong>s<br />

Unheil. (Sind sie eigentlich schon sehr alt? Doch wohl nicht. Kaum über fünfzig. Aber schon<br />

damals sahen sie nicht viel an<strong>de</strong>rs aus als zehn Jahre später: alt.)

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