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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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hast du <strong>de</strong>nn mit <strong>de</strong>inem Kleid gemacht, Kind? - Mit <strong>de</strong>m Kleid? Aber nichts, Tante. Was ist<br />

<strong>de</strong>nn mit <strong>de</strong>m Kleid? O je, die Nähte platzen auf ..., habe ich so schlecht genäht? Morgen<br />

ist mein Hochzeitstag, morgen ... Ob die Tante ahnt, warum ich es so eilig damit hatte?<br />

Eiliger als Janke selbst, und <strong>de</strong>m ist’s wahrlich eilig ... Es wird Pflaumenkuchen geben. Und<br />

keine Gäste. Nicht einmal Joachim wird da sein. Kienast wird mich fragen: Bist du bereit,<br />

mit diesem Joseph <strong>von</strong> Janke in <strong>de</strong>n Stand <strong>de</strong>r heiligen Ehe zu treten? Und ich wer<strong>de</strong><br />

sagen: Nein. Wer lacht da? Ach, Marianne, du? Mein Gott, dass du lebst? Marianne steht<br />

also da, im grauen, farbenbeklecksten Kittel, mit offenem, wirrem Haar, kastanienbraun,<br />

Pinsel in <strong>de</strong>r Hand, steh doch still, sagt sie, schließlich will ich dich malen. Du und nein<br />

sagen, Henriette. Du <strong>de</strong>nkst dir alles mögliche aus, was du gern tun möchtest, aber du<br />

machst <strong>de</strong>ine Revolution nur in Gedanken. Wie alle Deutschen. Warum hast du diesen<br />

Janke geheiratet, Henriette?<br />

Ach, Marianne. <strong>Das</strong>s nun auch du so etwas fragst. Was sollte ich <strong>de</strong>nn sonst tun? Auf und<br />

da<strong>von</strong> gehen? Zu diesem Michel Marten, <strong>de</strong>r mich allein gelassen hatte? Denkst du, das<br />

kann ich ihm je vergessen? Man kann gewiss vieles vergeben und vergessen. Aber nicht,<br />

wenn man allein gelassen wur<strong>de</strong> in einem Moment, wo man nicht allein sein konnte. O<strong>de</strong>r<br />

sollte ich es machen wie du - mir einen Dolch an die Brust setzen, am Rheinufer womöglich,<br />

ja? Nun hatte ich wenigstens <strong>de</strong>n Triumph, <strong>de</strong>m Janke ein Kind untergeschoben zu haben,<br />

das er selbst, wie’s heute scheint, niemals zustan<strong>de</strong> gebracht hätte. Ja, wenn ich so wäre<br />

wie du, Marianne ... Unsinn, sagt Marianne, wäscht ihren Pinsel aus, tritt zurück, mustert<br />

das Bild, streicht sich über das Gesicht und verschmiert ein wenig grüne Farbe dabei. Wie<br />

du aussiehst. Henriette lacht.<br />

Wie <strong>de</strong>nn?<br />

Rund und rosig und lebenslustig und nun noch grün bemalt. Ja, wenn ich so wäre wie du ...<br />

Unsinn, sagt Marianne noch einmal, man ist so, wie man sein will. Na, komm, sieh dir das<br />

Bild an.<br />

<strong>Das</strong> bin ich? Ach, Marianne.<br />

Auf <strong>de</strong>m Bild steht Frau <strong>von</strong> Janke. Sie ähnelt Dorothea. Aber die Augen, braune, tief<br />

liegen<strong>de</strong>, große Augen, fragend und unnachgiebig <strong>de</strong>n Beschauer ansehend, wo er sich<br />

auch hinstellt, das sind Henriettes Augen.<br />

Ein Säugling greint. Marianne, <strong>de</strong>r Kleine. Komm, du hast meinen Wilhelm noch nicht<br />

gesehen. Hand in Hand gehen sie <strong>de</strong>n Gartenweg hoch, ins Haus. Ein hohes, dunkles Haus.<br />

Berlin, Behrenstraße. Heute Abend gehen wir zur Rahel Levin, Henriette. Und sieh mal, <strong>de</strong>r<br />

Joachim hat geschrieben. - Der Brief liegt im Flur auf <strong>de</strong>m Tisch. Henriette reißt ihn auf, will<br />

lesen, sie strengt sich dabei unglaublich an, aber sie kann kein einziges Wort entziffern.<br />

Was schreibt er, fragt Marianne ungeduldig. Bestellt er mir Grüße? Ach, er weiß nicht, dass<br />

ich hier bin. Morgen fahre ich nach Mainz. Doch, ich fahre zu ihm, warum sollte die Frau<br />

nicht auch zu <strong>de</strong>m Mann gehen können, <strong>de</strong>n sie liebt? Sie umarmt Henriette, die wehrt sich<br />

gegen die Berührung. Sie hat plötzlich das Gefühl, dass es Janke ist, <strong>de</strong>r sie umarmt. Und<br />

das Grauen überkommt sie wie in <strong>de</strong>n ersten Tagen ihrer Ehe.

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