Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kann ich mir <strong>de</strong>nken, sagte er in ta<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>m und schon verzeihen<strong>de</strong>m Ton, in <strong>de</strong>m ein Lehrer<br />
zum reuigen Schüler spricht. Hast Schönes angerichtet, meine Liebe.<br />
Ich? Wieso?<br />
Da wur<strong>de</strong> seine Stimme scharf und hoch. Wieso? sagte er, meine Güte, Henriette, bist du<br />
so naiv? <strong>Das</strong> Dorf wird da<strong>von</strong> schwätzen, jetzt schon, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Kleid natürlich!<br />
Ach so, sagte sie leichthin. An<strong>de</strong>re Sorgen hast du nicht?<br />
Reicht das nicht? Stell dir doch vor, Henriette: <strong>Das</strong> Kleid <strong>von</strong> dir. Und dann, morgen Abend,<br />
<strong>de</strong>r Vater. O<strong>de</strong>r <strong>de</strong>nkst du, er fühlt sich zu alt für so was? Der doch nicht, <strong>de</strong>r wird sich in<br />
zehn Jahren noch nicht zu alt dazu fühlen.<br />
Friedrich, sagte Henriette, sagte es vertraulich, schwesterlich, obwohl ihr das schwerfiel,<br />
hör mal, Friedrich, kannst du es nicht verhin<strong>de</strong>rn? Schließlich hat doch <strong>de</strong>r Onkel dir<br />
<strong>Bernsdorf</strong> übergeben, nicht?<br />
Gewiss, sagte Friedrich stolz, mir hat er die Stammbesitzungen übergeben und die im<br />
Polnischen, <strong>de</strong>m Herrmann die Briesenschen, <strong>de</strong>m Joachim die Güterslohschen. Hätt’ er nie<br />
getan, wenn er vorigen Herbst, nach Jena - Auerstedt, nicht so wahnsinnig <strong>de</strong>primiert<br />
gewesen wäre, <strong>de</strong>r Alte. Als ob nicht klar auf <strong>de</strong>r Hand lag, dass <strong>de</strong>m Genie Bonapartes<br />
niemand wi<strong>de</strong>rstehen kann, aber das begreift er bis heute noch nicht, dabei ...<br />
Jaja, unterbrach Henriette ihn erschrocken, <strong>de</strong>nn sie sah, dass er sich festre<strong>de</strong>n wollte an<br />
seinem Lieblingsthema; Friedrich, sagte sie, lass das doch jetzt, aber wenn du nun Herr <strong>von</strong><br />
<strong>Bernsdorf</strong> bist, hat doch <strong>de</strong>r Onkel auch nicht mehr das Recht <strong>de</strong>r ersten Nacht, o<strong>de</strong>r?<br />
Begriffsstutzig sah er sie an, sein längliches, hageres Gesicht schien noch länger zu<br />
wer<strong>de</strong>n, seine hellblauen Augen wur<strong>de</strong>n groß und größer, er sagte: Du meinst, ich,<br />
Henriette? Aber was fällt dir ein, <strong>de</strong>nkst du, ich fass in meinem Leben eine Magd an, eine<br />
polnische noch dazu, <strong>de</strong>nkst du das? Dann lass dir gesagt sein: Nicht einmal eine<br />
Bürgerliche mit Geld rühr ich an, nicht einfach so und schon gar nicht im Ernst, wie <strong>de</strong>r<br />
Herrmann das gemacht hat, und auch keine Bürgerliche mit Geist, wie Joachim, aber die ist<br />
zum Glück übern Jordan gegangen, bevor er sie in die Familie bringen konnte ...<br />
Friedrich! fuhr Henriette auf, und er sah erstaunt, dass sie vor Zorn zitterte; ach so,<br />
spottete er, <strong>de</strong>ine Heilige, man darf ihr nicht zu nahetreten, nicht mal mit Worten, nicht<br />
wahr? Seltsame Heilige war das, diese Marianne, möchte nicht wissen, mit wie vielen sie<br />
unseren naiven Joachim betrogen hat, die ...<br />
Friedrich! sagte Henriette, leise und drohend zwar, aber sie fühlte, wie hilflos, wie wehrlos<br />
sie war und um wie viel mehr sie sich noch wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>mütigen müssen, wenn sie etwas<br />
erreichen wollte. Gut, gut, sagte er lächelnd, ich hör schon auf mit <strong>de</strong>iner Heiligen, nur - was<br />
wolltest du eigentlich sagen?<br />
Sie zwang sich zu ruhiger Sachlichkeit, sagte: Ich mein doch nur, du könntest <strong>de</strong>m Onkel<br />
klarmachen, dass er nun tatsächlich das Recht nicht mehr hat, Friedrich. Natürlich meine ich<br />
nicht, dass du es etwa wahrnehmen sollst, das doch nicht.<br />
Ach so, ach so, na ja, sagte er. Denn wenn ich Frauen nötig habe, und natürlich hab ich mal