Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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zwar sowohl <strong>de</strong>n Privilegierten als auch <strong>de</strong>n dadurch Benachteiligten.“<br />
Dorothea erinnert sich zu ihrer eigenen Verwun<strong>de</strong>rung dieses Satzes ganz genau, hat sogar<br />
<strong>de</strong>n Klang <strong>de</strong>r Stimme im Ohr. Und sie erinnert sich auch, dass sie sagte: Man kann aber<br />
nicht dagegen an, Heinrich Marten. Du wirst zugrun<strong>de</strong> gehen bei <strong>de</strong>inen Höhenflügen. Da<br />
sah er sie lange nach<strong>de</strong>nklich an, sagte: Und wennschon. Denken Sie <strong>de</strong>nn, Dorothea,<br />
Ikarus wäre nicht geflogen, wenn man ihm gesagt hätte, er müsse abstürzen? Er wäre<br />
trotz<strong>de</strong>m geflogen. Weil er es musste.<br />
Sie hatte danach nie wie<strong>de</strong>r <strong>von</strong> Heinrich Marten gehört.<br />
Auch Sophie Marten blieb nicht im Schloss, ging ins Pfarrhaus zu ihrem Vater. Sie starb im<br />
März, ein paar Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r Geburt Michel Martens. Dorothea sah dieses Kind zum<br />
ersten Mal an einem Weihnachtsabend, es sang da „<strong>Das</strong> Röslein, das ich meine ...“ Auch<br />
sie hatte im März einen Jungen zur Welt gebracht, ein dunkelhaariges, dunkeläugiges Kind,<br />
ihren Joachim.<br />
Schlägt <strong>de</strong>n Bülows nach, hatte <strong>de</strong>r Baron missbilligend gesagt, hat meine Nase nicht.<br />
Sie verbarg ihr Lächeln, in<strong>de</strong>m sie sich über das Kind beugte und es küsste.<br />
Plötzlich raffte sie sich auf, Dorothea <strong>von</strong> <strong>Bernsdorf</strong>, die alte Baronin, wandte sich ab vom<br />
Fenster, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m run<strong>de</strong>n Mond, <strong>de</strong>r noch immer in <strong>de</strong>n Zweigen <strong>de</strong>s uralten, großen<br />
Baumes gefangen hing. Langsam und sehr mü<strong>de</strong> ging sie zur Terrassentür, öffnete sie, trat<br />
hinaus.<br />
Es war frostklar und kalt. Und ganz still. Totenstill, dachte sie.<br />
Die Stimme eines Betrunkenen zerschlug die Stille. Er sang. Aber das ist kein Betrunkener,<br />
dachte Dorothea, das ist <strong>de</strong>r Toten-Heinrich, dieser arme Irre ... Was singt er eigentlich?<br />
„Allons, enfants <strong>de</strong> la patrie ...' Er singt tatsächlich die Marseillaise ...<br />
Sie ging zurück, zog die Tür hinter sich zu. Sie fror sehr.