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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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Präsent zum Geburtstag, keine Gans, keine Eier, nichts, <strong>de</strong>nn es sei nichts da in ihren<br />

Katen, nichts. <strong>Das</strong> ist schon die Überleitung zu ihren Bitten. Untertänigst. Die französische<br />

Einquartierung möge vom Schloss verpflegt wer<strong>de</strong>n. Insbeson<strong>de</strong>re die Pfer<strong>de</strong>. Und <strong>de</strong>r<br />

Baron möge sich <strong>de</strong>s Hungers <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r erbarmen. Und auch <strong>de</strong>s Viehs. Damit niemand<br />

Hungers sterben müsse über Winter, das Vieh nicht und die Kin<strong>de</strong>r nicht. Und <strong>de</strong>r Baron<br />

möge ihnen öffentlich zusichern, dass er die Oktobergesetze anerkenne und zu befolgen<br />

ge<strong>de</strong>nke, dass sie also nicht mehr erbuntertan seien, und er möge ihnen die Bedingungen<br />

bekannt geben, unter <strong>de</strong>nen sie auch <strong>von</strong> ihren Lasten und Abgaben befreit wer<strong>de</strong>n<br />

könnten.<br />

Er sah nicht auf <strong>von</strong> seinem Zettel, <strong>de</strong>r Lemke-August. (Denn wenn er auch Jakob Martens<br />

Lieblingsschüler gewesen ist - das ist lange her, und Übung hat er nicht in dieser Art<br />

Tätigkeit.) So konnte er nicht sehen, was das Gesicht <strong>de</strong>s Barons re<strong>de</strong>te. Die an<strong>de</strong>ren<br />

sahen es. Zuerst war da diese mürrische Leutseligkeit: Bin heut siebzig, sagte das Gesicht,<br />

bin noch gut bei Sache, Kruzitürken, werd's noch ’ne Weile machen. Dann ein wenig<br />

verächtliche Überlegenheit: Nichts zu schenken habt ihr, ach, ihr armen Schweine, werd<br />

aber nicht dran krepieren, Himmelsakra! Und gleich danach ungläubiges Erstaunen: Hör ich<br />

richtig? Bitten? Teufel, was ist das? Und dann ging das Erstaunen langsam in Wut über; die<br />

Wangenmuskeln zuckten, zusammengepresst <strong>de</strong>r Mund, ein Strich unterm zittern<strong>de</strong>n<br />

Schnurrbart.<br />

Warum blieb er geschlossen?<br />

August war mit <strong>de</strong>m Lesen fertig. Der dunkle Fleck geriet in schwache, kaum<br />

wahrnehmbare Bewegung: unruhig, ängstlich, erwartungsvoll stan<strong>de</strong>n sie und warteten.<br />

Sekun<strong>de</strong>n Stille, die je<strong>de</strong>m wie Minuten erschienen, dann <strong>de</strong>r alte Herr, beherrscht, fast<br />

leise: Wer hat verfasst, was er da gelesen?<br />

Ich, sagte August Lemke.<br />

Er ist <strong>de</strong>r Lemke-August?<br />

Ja, gnädiger Herr.<br />

Gedient?<br />

Ja, gnädiger Herr.<br />

Verwun<strong>de</strong>t gewesen?<br />

Ja, gnädiger Herr. Anno zweiundneunzig, Champagne.<br />

(Finsteres Baronsgesicht - Champagne, kein Ruhmesblatt in Preußens glorreicher<br />

Vergangenheit ...)<br />

Er hat heute Hochzeit?<br />

Ja, gnädiger Herr.<br />

Nach diesem Frage-Antwort-Spiel, in <strong>de</strong>m er nichts gefragt hatte, was er nicht selbst<br />

gewusst, räusperte sich Baron Wilhelm <strong>von</strong> <strong>Bernsdorf</strong>, er schien ganz ruhig und ohne je<strong>de</strong>n<br />

Zorn zu sein, er stemmte die Fäuste in die Seiten und wippte in <strong>de</strong>n Knien. Mal herhören,

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